Neue Impulse für Berlin und Brandenburg

Wie erwacht die Hauptstadt aus dem Winterschlaf?

Während sich im Frühling die Natur ihr neues Kleid zulegt, ist Berlin das ganze Jahr über im Wandel. Vom Grillen in Parks, jungen Start-up-Unternehmern in Mitte und der Szene in Kreuzkölln – Berlin geht ab.

 Die Steppjacken mit Fellkragen ziehen sich zum Sommerschlaf in die Schränke zurück, die Taxifahrer säubern zum letzten Mal ihre Fußmatten und die Veranstalter rufen auch übers Radio zum Halali der beginnenden Open-Air Saison – selbst was den Frühling betrifft, scheint Berlin schneller sein zu wollen, als der Rest der Republik. Das Frühlingserwachen dieser Stadt geht schnell, den Weckruf hören die Berliner und Brandenburger auch und zuerst im Radio: mit aufregenden Morning-Shows und einem Musik-Programm, das die Hörer elektrisiert.

Chillen im Grünen…

Ausgehungert nach Natur und frischer Luft packt der Berliner schon bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen des Frühlings seine sieben Sachen und natürlich den Rundfunkempfänger seiner Wahl und … fährt eben nicht aufs Land. Denn die Fahrt ins Grüne ist mit der U- und S-Bahn meist nur ein paar Stationen lang. Mehr als 2.500 sogenannte Grün- und Erholungsanlagen machen Berlin zu einer der grünsten Städte des Landes. In den Parks finden schon ab März jedes Wochenende die inoffiziellen Vorausscheidungen zur Barbecue-Weltmeisterschaft statt, die unzähligen Strandbars am Spreeufer wecken den Südländer im Berliner und die Touristen suchen im Tiergarten vergebens nach wilden Tieren und treffen doch nur auf Schwäne und Städter, die hier einen Gang runterschalten. Brad Pitt soll hier schon „verkleidet“ seine Jogging-Runden gezogen haben und die Schweighöfers dieser Stadt öfter mit einer Molle in der Hand gesichtet worden sein.

 … und Firmen gründen in Mitte.

Die grüne Seite der pulsierenden Stadt schafft für viele Berliner den Ausgleich zum intensiven Arbeitsleben. Das gilt für die „neue“ und ökologisch motivierte Laubengeneration von Endzwanzigern und Mittdreißigern mit Kind und Kegel genau so wie für eine neue Spezies von Geschäftsleuten: sie nennen sich Entrepreneurs und haben schon als Teenager ihr erstes Start-up gegründet. Brillen, größer als das Gesicht und Kapuzenjacken täuschen für Insider nicht darüber hinweg, dass hier nicht nur „Projekte“ laufen, sondern wirklich schon Geld verdient wird. Mitte ist dafür the place top be – in Anlehnung an das kalifornische Silicon Valley nennt man die Start-up-Szene hier schon „Silicon Allee“ und meint damit die hiesige Konzentration von Internet-Firmen und Hightech-Start-ups wie „Soundcloud“, „Amen“ oder „Wahwah.fm“. Wenn noch unbekannte Musiker ihre neuesten Tracks auf Soundcloud veröffentlichen, hören auch die Radio-Sender Berlins ganz genau hin. Nicht selten feiern diese Künstler dann dank eines rührigen Musikchefs im Radio ihre ersten Erfolge vor einem größeren Publikum.

Vor allem junge Menschen aus der ganzen Welt haben das pumpende Berlin zu ihrer Stadt der unendlichen Möglichkeiten auserkoren. Jede Woche finden inzwischen mehrere als Parties verkleidete Networking-Events statt. Und dort treffen frische Ideen auf Geld. Venture-Capitalists stecken inzwischen ohne mit der Wimper zu zucken Millionenbeträge in die Firmen der jungen Unternehmer und Unternehmerinnen. Wer also in Zukunft einem vermeintlichen „Kid“ mit dem neuesten Smartphone in Berlin begegnet, sollte nicht allzu vorschnell urteilen. Er oder sie kann einem beim nächsten Vorstellungsgespräch leicht gegenüber sitzen – als zukünftiger Vorgesetzter.

Don’t call it Kreuzkölln!

Am Anfang kamen die Kreativen wegen der recht niedrigen Mieten. Und mit ihnen eine neue Bezeichnung für eine Berliner Stadtteil – es geht um den Teil Nord-Neuköllns, den der Landwehrkanal von Kreuzberg trennt. Kreuzkölln nennen manche dieses Bermuda-Dreieck, in dem der feierwütige aber auch kunstsinnige Mensch über Tage und vor allem Nächte verloren gehen kann. Galerie neben Café neben Bar neben Berliner Modelabel neben … wer nach nur zwei Wochen diesen Teil der Stadt wieder besucht, findet immer etwas Neues und vermisst vielleicht diesen einen coolen Laden, der doch eben noch gerade hier war. Selbst wer den zugegebenen Hype um diesen Bezirk abzieht, spürt die Dynamik dieses Stadtteils. Die Ureinwohner des Bezirks nehmen es leicht und arbeiten sich an diesem Lebensgefühl künstlerisch ab: Die Neuköllner Oper – so was gibt es hier und das erfolgreich – steigt zum Frühlingsbeginn dazu mit einer sehr freien Adaption einer Oper von Jacques Offenbach ein. Die Inszenierung „Berliner Leben“ zeigt in prallen Zügen, was sich im Kiez tut. Die Zuschauer werden es lieben und sich darin wiedererkennen müssen, ob sie wollen oder nicht.