Heft 7

Horst Stipp

Der Konsument und die Zukunft des interaktiven Fernsehens

Neue Daten und Erfahrungen aus den USA

Die USA gelten als Vorreiter in der Entwicklung neuer Medien. Im Fall des interaktiven Fernsehens (iTV) sind sie allerdings nicht unbedingt den Europäern voraus. Dies liege, so der Autor Horst Stipp, Vice President des amerikanischen Fernsehnetworks NBC, an negativen Erfahrungen mit Vorläufern des iTV in den 90er Jahren und überoptimistischen Prognosen verschiedener Institute, die sich in letzter Zeit mehrfach korrigieren mussten. Dies habe die Medienunternehmen vorsichtig werden lassen aus Angst vor (neuerlichen) Fehlinvestitionen. Einen Grund für die Fehlleistungen mancher Prognoseinstitute sieht Stipp in der Technikzentriertheit ihrer Analysen, die den Konsumenten und seine Bedürfnisse in den Hintergrund geschoben und so zu letztlich unrealistischen Annahmen über Akzeptanz und Entwicklungstempo vieler Anwendungen geführt hätten.

Ein Beispiel ist der Personal Videorecorder (PVR), der von seiner Technik her großes Potenzial hat, dessen Absatz in den USA bislang jedoch unter den Erwartungen liegt. Die Nachfrage der Nutzer nach bequemerer Programmaufzeichnung und mehr Kontrolle über das Programm ist offenbar geringer als vermutet.

Dennoch wird dem PVR langfristig ein Erfolg bei bestimmten Nutzergruppen zugetraut, ebenso wie anderen Anwendungsbereichen des interaktiven Fernsehens wie Video-on-Demand, Electronic Programme Guide (EPG) und dem I-Commerce (als Ergänzung zu E-Commerce und traditionellen Handelsformen). Geringere Chancen misst man derzeit eher textbasierten Zusatzdiensten (z.B. WebTV) und dem sogenannten Enhanced TV bei.

Insgesamt ist interaktives Fernsehen in den USA noch im Anfangsstadium. Sofern man es als Bereicherung der vorhandenen Palette der Fernsehnutzungsarten und nicht als revolutionäre Umwandlung in ein computergestütztes Fernsehsystem sieht, ist ihm eine Zukunft gewiss. Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung ist eine gründliche Erforschung der Nutzerbedürfnisse, insbesondere, welche Interaktivität sie sich wirklich wünschen und wieviel sie bereit sind, dafür zu bezahlen.

MP 7/2001, S. 369-377



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