Heft 9

Bernhard Engel

Digitales Fernsehen - Neue Aufgaben für die Zuschauerforschung

Messverfahren, Datenanalyse, Bewertung

Die Digitalisierung des Fernsehens bringt auch für die kontinuierliche Zuschauerforschung neue Herausforderungen mit sich. Veränderungen in Technik, Programmangebot und Rezeptionsverhalten werfen Fragen nach den zukünftig angemessenen Mess- und Analyseverfahren auf. Grundsätzlich bleibt das Ziel der Forschung erhalten: Es geht darum, Angebote zu identifizieren, zu klassifizieren und ihre Rezeption zu bewerten. Unter digitalen Bedingungen steigen jedoch die Anforderungen an die Forschung, weil nicht nur die Zahl der Angebote in der Regel deutlich höher ist als im analogen Fernsehen. Außerdem sind die Darbietungsformen anders (Bouquet), und der digitale Datenstrom ermöglicht die gleichzeitige Verbreitung zusätzlicher Dienste (Daten- bzw. Broadcastdienste).

Dies bedeutet, dass bereits die technische Identifizierung der Programme neue Lösungen erfordert. Heutige Frequenzmessverfahren sind für das Digitalfernsehen ungeeignet, Alternativen wie Matchingverfahren, Display-Information der Set-Top-Box, DVB-SI, spezielle Schnittstellen oder Mischtypen aus diesen Verfahren besitzen jeweils spezifische Vor- und Nachteile. Wichtige Forderung an alle diskutierten Ansätze ist die "Aufwärtskompatibilität", das heißt, gleiche Rezeption muss sowohl im analogen als auch im digitalen Fernsehen zu gleichen Messergebnissen führen.

Bei der Programmanalyse erlangt im digitalen Umfeld die Definition eines Angebots beispielsweise die Frage, welche Programme als inhaltsgleich oder -ungleich einzustufen sind unter Umständen eine ganz neue Bedeutung. Auch bei der Ermittlung von Marktanteilen besteht noch Klärungsbedarf. Geprüft werden sollte nach Ansicht des Autors, ob bei der Suche nach Indikatoren des Erfolgs von Programmen im digitalen Fernsehen auf Verfahren der Betriebswirtschaft zurückgegriffen werden könnte. Dies gilt etwa für die Ermittlung des "Angebotsdrucks", der durch Bouquets und vielfache Möglichkeiten der zeitversetzten Ausstrahlung im digitalen Fernsehen eine andere Dimension besitzt als im analogen Sektor. Gegebenenfalls müssten in Zukunft Nachfrage- und Angebotsindikatoren stärker in Beziehung gesetzt werden.

MP 9/2001, S. 480-485



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