Heft 2

Susanne Eggert

Fernsehen als Informationsmedium Jugendlicher: Präferenzen und Barrieren

Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung bei Zwölf- bis 17-Jährigen

Die Studie versucht die Bedeutung des Fernsehens als Informationsmedium Jugendlicher aus deren konkreten Lebensbedingungen heraus zu begreifen (sog. kontextuelles Verstehen). Dazu wurden 210 Jugendliche in Face-to-Face Interviews befragt sowie ergänzend 23 Intensivinterviews durchgeführt.

Deutlich wird, dass das Informationsspektrum Jugendlicher von Politischem bis zu Privatem reicht und dementsprechend auch Boulevardsendungen und Daily Talks den Informationsangeboten des Fernsehens zugeordnet werden. Führende, regelmäßig zur Information genutzte Genres sind nach Angaben der Jugendlichen Nachrichten- (35 %) und Boulevardsendungen (32 %). Politische Magazine und Polit-Talks werden dagegen kaum genutzt. Nach der Bewertung der informativen Genres befragt, schreiben 37 Prozent der Jugendlichen Boulevardmagazinen gute Information zu, 30 Prozent attestieren dies den Nachrichten. Am stärksten polarisieren offenbar die Talkshows: 29 Prozent fühlen sich hier gut, 39 Prozent schlecht informiert.

In welchen Sendungen Jugendliche sich informieren und welches Informationsverständnis sie vorrangig haben, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Solche Chancen und Barrieren sind das Lebensalter (Jüngere sind tendenziell eher infotainmentorientiert), die Peer-Group, das Weltbild sowie die eigene Bildung und Sozialstatus bzw. Bildung der Eltern. So sind Jugendliche aus gehobenen Milieus eher an gesellschaftlichen Zusammenhängen interessiert, sehen eigene Einflussmöglichkeiten und zählen eher zu den Nutzern beispielsweise der "Tagesschau". Elternhäuser mit niedrigem Sozialstatus begünstigen dagegen eine "Versorgungshaltung" gegenüber der Politik, Fernsehinformation vorrangig aus Boulevard- und Talksendungen nutzen solche Jugendlichen, um zu erfahren, wie andere Menschen leben und mit ihrer Situation zurechtkommen.

Die Ergebnisse machen eine Kluft deutlich zwischen Jugendlichen, die für die Allgemeinheit relevante Information klar von Einzelpersonen betreffenden Schicksalsschlägen unterscheiden (können), und Jugendlichen, die diese Fähigkeit nicht besitzen. Vor diesem Hintergrund sind Pädagogik, Politik und auch das Fernsehen gefordert, das Bewertungsvermögen Jugendlicher zu verbessern.

MP 2/2001, S. 75-83



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