Heft 6

Josef Trappel

Fernsehen in Österreich und der Schweiz: Wenig Licht im deutschen Marktschatten

Strukturprobleme dämpfen Expansionserwartungen

In Österreich und der Schweiz beabsichtigen die Gesetzgeber, ein duales Fernsehsystem auf Dauer zu etablieren, wobei Deutschland als Beispiel für die gelungene Implementierung eines solchen Systems gilt. Eine unbesehene Umsetzung dieser medienpolitischen Erfolgsgeschichte hat jedoch in den beiden kleinen deutschsprachigen Ländern aus einer Reihe von Gründen wenig Aussicht auf Erfolg.

Erstens sind die Werbemärkte in Österreich und der Schweiz zu begrenzt, da eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hauptsächlich durch Gebühren wegen der hohen Fixkosten und der vergleichsweise geringen Bevölkerungszahl nicht möglich ist. Zweitens müssen sich private Veranstalter in der Schweiz und in Österreich ständig im Wettbewerb mit den deutschen Privatsendern behaupten, die über Werbefenster einen Teil der Werbeaufwendungen abziehen. Drittens war der Zeitpunkt der Einführung privaten Fernsehens in Deutschland in den 80er Jahren erheblich günstiger als heute, zumal den Zuschauern in Österreich und der Schweiz die neuen Programmformen privater Sender durch den Empfang deutscher Privatprogramme hinlänglich bekannt sind und deshalb keine Innovation mehr darstellen. Viertens dürften die Markteintrittsbarrieren zu hoch sein, da der Werbekuchen zwar weiter wächst, die Fernsehnutzungsdauer aber stagniert und neue mediale Angebote wie das Internet dem Fernsehen eher Publikum entziehen.

Wegen der stagnierenden Fernsehnutzung können selbst gut gemachte Imitationen deutscher Privatprogramme nicht damit rechnen, ihre Kosten durch Werbeeinnahmen zu decken. Für einen erfolgreichen Markteintritt wären nach dem Vorbild Deutschlands in den 80er Jahren Programminnovationen notwendig, die sich im Zuge von Digitalisierung und Konvergenz von Programmformaten als Chance bieten könnten. Ordnungspolitisch lässt sich jedoch die Kreativität in der Programmgestaltung nicht steuern. Sowohl in Österreich als auch der Schweiz werden die öffentlich-rechtlichen Veranstalter bis auf weiteres die tragenden Säulen des dualen Fernsehsystems bleiben.

MP 6/2001, S. 306-314



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