Heft 2

Bodo Franzmann

Lesezapping und Portionslektüre

Veränderungen des Leseverhaltens besonders bei Jugendlichen

Nach den Ergebnissen der Studie "Leseverhalten in Deutschland" der Stiftung Lesen liegen die Leseaktivitäten insgesamt im Aufwärtstrend, allerdings gilt dies bei näherer Betrachtung nur für den ohnehin lesenden Teil der Bevölkerung. Somit öffnet sich die Schere zwischen viel lesenden "Informationsreichen" und nicht oder kaum lesenden "Informationsarmen" weiter. Die Studie beruht auf einer persönlich-mündlichen Repräsentativbefragung von 2 530 Personen aus der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren sowie 120 Leitfadeninterviews. Wie in früheren Lesestudien zeigt sich, dass Vielleser weniger frei verfügbare Zeit haben als Wenigleser, sodass nach wie vor gilt: Wer lesen will, nimmt sich auch die Zeit dazu.

Im Vergleich zum Jahr 1992 behaupten im Jahr 2000 weniger Bundesbürger von sich, dass sie täglich Bücher lesen, und mehr bezeichnen sich als Nichtleser. Dies betrifft vor allem die jüngeren Jahrgänge bis 30 Jahre. Dagegen ist die Zahl der gelesenen Bücher gestiegen, was insbesondere für die Vielleser zutrifft. Im Aufwind befinden sich in erster Linie Sach- und Fachbücher, deren Lektüre in allen Bevölkerungsgruppen zugenommen hat. In Bezug auf die Motive des Bücherlesens sind Weiterbildungsleser, Informationsleser, Themen- und Hobbyleser sowie Leser von Romanen, Erzählungen und Gedichten zu unterscheiden.

Seit 1992 haben sich die Lesestrategien der Deutschen tiefgreifend verändert. Vor allem bei Jugendlichen hat das überfliegende Lesen stark zugenommen, was auf einen Trend zum "Lesezapping" hinweist. Als Lesehindernisse gelten heute vornehmlich die Unübersichtlichkeit des Buchmarktes und Medien wie Radio und Fernsehen etwa als Informationsquelle in Konkurrenz zur Zeitung. Jugendliche haben ein geringeres Interesse an Literatur als der Bevölkerungsdurchschnitt.

Die vorgelegte Studie ermöglicht darüber hinaus erstmals genauere Aussagen zum Verhältnis zwischen Computernutzung und Buchlektüre. Demnach besitzen PC-Nutzer ein größeres Interesse an Fachliteratur und Belletristik. Generell sehen Leseinteressierte in PC und Internet keine Konkurrenz zur Buchlektüre, da das Lesen am Bildschirm offensichtlich keine zufriedenstellende Alternative darstellt.

MP 2/2001, S. 90-98



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