Heft 10

Gerhard Neckermann

Multiplexe in der Krise?

Filmbesuch, Verleih- und Kinostruktur in Deutschland 1991 bis 2000

In den 90er Jahren entdeckten Investoren das Kino als Wachstumsbranche. Neubauten und Modernisierungen der Kinosäle erhöhten die Attraktivität der Filmtheater. Steigende Besucherzahlen und kräftig erhöhte Preise bescherten den Betreibern einen Umsatzzuwachs um 64 Prozent zwischen 1991 und 2000. Zu optimistische Erwartungen führten an manchen Standorten jedoch zu einem Überangebot an Kinos. Um zusätzliche Besucher anzuziehen, wurden in den letzten Jahren zunehmend wieder Eintrittspreisermäßigungen registriert.

Auf der Angebotsseite war das Kinojahr 2000 geprägt durch eine große Vielfalt (416 erstaufgeführte Filme aus 33 Ländern), bei der Vermarktung bestätigte sich der Trend zur Konzentration auf die so genannten Blockbuster (mindestens 400 Kopien). 1996 gab es nur drei Filme mit mehr als 600 Kopien, im Jahr 2000 waren es 25. Der Marktanteil deutscher Filme ist großen Schwankungen unterworfen und hängt wesentlich von einzelnen Erfolgfilmen ab. Die Filme aus US-Produktion konnten ihren dominierenden Marktanteil seit 1990 weiter ausbauen, britische Filme sind seit 1996 ebenfalls wieder beliebter geworden.

Mehr als 50 Unternehmen sind im Filmverleih in Deutschland aktiv, jedoch hatten in den vergangenen Jahren nur sieben große Verleihunternehmen jeweils mehr als 5 Prozent Marktanteil. Die Liste wird angeführt von fünf US-Unternehmen (UIP, Buena Vista., 20th Century Fox, Columbia Tristar und Warner Bros.) vor Constantin als erfolgreichstem deutschen Verleiher.

Die Multiplexe, die in den 90er Jahren starke Verbreitung fanden, decken mittlerweile rund 30 Prozent des Saalbestands ab. Das entstandene Überangebot an Sitzplätzen hat einzelne Multiplexbetriebe bereits in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht. Besitzerwechsel, Beteiligungsveränderungen, Geschäftsbesorgungsverträge und einzelne Schließungen waren in jüngster Zeit Ausdruck einer entsprechenden Umstrukturierung innerhalb der Branche.

Insgesamt ist daher von einer Phase des Wandels in der Kinowirtschaft zu sprechen. Angesichts eines demographisch bedingten Rückgangs der Kernnutzerschaft des Kinos ist auch in Zukunft mit Marktbereinigungen und einem verschärften Verteilungskampf zwischen den Beteiligten zu rechnen.

MP 10/2001, S. 505-513



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