Heft 12

Andreas Vogel

Onlinestrategien der Pressewirtschaft

Bestandsaufnahme des Onlineengagements der großen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage

Die Interneteuphorie der 90er Jahre brachte nur wenigen Unternehmen nennenswerte Gewinne, die zudem überwiegend durch rechtzeitige Börsengänge und -verkäufe erwirtschaftet wurden. In den letzten Monaten reduzierten viele Verlage ihr Engagement im Internet - Entlassungen von Mitarbeitern waren die Folge. Der Onlinewerbemarkt wächst langsamer als erwartet, sodass die Finanzierung der Webangebote über Werbeeinnahmen bisher nicht gewährleistet ist.

Zunächst versuchten die großen Zeitschriftenverlage, reichweitenstarke Generalportale als neues Kerngeschäft aufzubauen, was jedoch scheiterte. Heute ist ein wesentliches Ziel, die Synergien zwischen der Printmarke und dem Onlineauftritt besser zu nutzen. Zugleich ging man Beteiligungen und Partnerschaften mit jungen Firmen aus dem Neuen Markt ein und gründete für das Onlinegeschäft eigene Serviceunternehmen. Als erster Zeitschriftenverlag bündelte Burda sein Onlinegeschäft in einer Beteiligungs-Holding, die zahlreiche Onlinegeschäftsfelder betreut.

Der Axel Springer Verlag reduzierte das Portfolio für Onlinebeteiligungen auf eine geringere Anzahl von Firmen. Gruner + Jahr hat sein Onlinegeschäft bisher in zwei Dachgesellschaften gebündelt, wobei die Beteiligungsholding kurz vor der Auflösung steht. Der Holtzbrinck-Konzern koordiniert seine Onlineaktivitäten u.a. über die Verlagsgruppe Handelsblatt und ist an mehreren Internetfirmen beteiligt. Die Vereinigte Motorpresse Stuttgart betreibt seit einigen Monaten ein Joint Venture mit T-Online. Der Heinrich Bauer Verlag beschränkt sein Onlinegeschäft im Wesentlichen auf eigene Printtitel.

Im Vergleich zu anderen Medienunternehmen übten die großen Tagespresseverlage im Onlinegeschäft größtenteils Zurückhaltung, was sich aus heutiger Sicht bewährt hat. Tageszeitungen konzentrieren sich auch im Onlinebereich auf ihre Stärke als regionale Marke und setzen ihr Know-how dort ein. Somit dienen die Onlineauftritte der Leserbindung und der Gewinnung neuer Leser. Für die Bereitstellung von Kleinanzeigen und die gemeinsame Onlinevermarktung schlossen sich Tageszeitungen zusammen.

Während Springer im Tageszeitungsbereich durch die geplante Kooperation zwischen bild.de und T-Online aufhorchen ließ, agiert die WAZ nach negativen Erfahrungen zurückhaltend im Onlinemarkt. Auch die großen Zeitungsverlage Medien Union (Rheinpfalz u.a.), DuMont Schauberg, Süddeutscher Verlag, FAZ-Gruppe, Gruner + Jahr, Holtzbrinck und Madsack engagieren sich im Netz in der Regel regional über Tochterfirmen.

MP 12/2001, S. 590-601



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