Heft 4

Martin Emmer/Christoph Kuhlmann/Gerhard Vowe/Jens Wolling

Der 11. September -- Informationsverbreitung, Medienwahl, Anschlusskommunikation

Ergebnisse einer Repräsentativbefragung zu einem Ereignis mit extremem Nachrichtenwert

Die Terroranschläge in New York vom 11. September 2001 haben sich auch in Deutschland tief in das Gedächtnis der Menschen eingegraben. Ziel einer Repräsentativbefragung von 1 460 Personen ab 16 Jahren, die vom Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der TU Ilmenau durchgeführt wurde, war es herauszufinden, wie man von den Ereignissen erfuhr und wie man darauf reagierte. Wie die Ergebnisse zeigen, verbreitete sich die Nachricht von den Anschlägen so rasant, dass innerhalb einer Stunde fast 70 Prozent der deutschen Bevölkerung informiert waren - insbesondere über das Fernsehen, gefolgt vom Radio und interpersonaler Kommunikation; das Internet spielte allenfalls am Arbeitsplatz bzw. bei jungen Leuten eine Rolle. In der Extremsituation des 11. September lebte das Fernsehen von der Kraft der dramatischen Bilder - das Bedürfnis nach Visualisierung dominierte die Wahl des Mediums.

Am schnellsten von der Katastrophe informiert waren Jüngere, höher Gebildete, Erwerbstätige und Männer. Zwar wurden nur wenige Menschen durch das Internet von diesem Extremereignis in Kenntnis gesetzt (2 %), von diesen jedoch hatte ein hoher Prozentanteil (44 %) die Nachricht bereits nach 15 Minuten erhalten. Am Arbeitsplatz verbreitete sich die Nachricht häufig zunächst durch das Radio und danach interpersonal wie ein Lauffeuer.

Insgesamt hing die Quelle der Erstinformation vom Alter und der Berufstätigkeit der Befragten ab. Während etwa das Fernsehen vor allem für die ab 50-Jährigen wichtig war, lieferte das Radio für die 30- bis 49-Jährigen häufig die Erstinformation. Formal niedriger Gebildete gaben häufiger das Fernsehen als erste Informationsquelle an, während bei den höher Gebildeten die interpersonale Kommunikation eine größere Rolle spielte. Das Extremereignis des 11. September führte dazu, dass fast 60 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren andere davon in Kenntnis setzten, wovon knapp die Hälfte persönlich zu anderen ging und nahezu 60 Prozent zum Telefon griffen. Letzteres praktizierten insbesondere Frauen und Hochgebildete, was beim Faktor Bildung auf die jeweilige Situation am Arbeitsplatz zurückzuführen sein dürfte.

MP 4/2002, S. 166-177



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