Heft 9

Aulis Gröndahl

Digitales Fernsehen in den nordischen Ländern

Zwischen Kulturpolitik und Marktdynamik

In den nordischen Ländern ist das digitale Fernsehen seit Mitte der 90er Jahre ein Thema der Medienpolitik. Dabei war die Aufmerksamkeit zunächst auf Schweden gerichtet, das als Testfall für die Einführung von Digitalfernsehen in der gesamten Region galt. Die schwedische Regierung entschied sich 1996 für die terrestrische Variante des Digitalfernsehens, weil sie dabei eine Chance sah, den Public-service-Gedanken und die Ziele ihrer traditionellen Kulturpolitik in die digitale Ära zu überführen. Vom Start im Jahr 1999 an war das schwedische terrestrische Digitalfernsehen jedoch mit großen Schwierigkeiten konfrontiert: Hoher Kostendruck, das Fehlen einheitlicher Standards, Behinderungen durch einzelne Unternehmen sowie das mangelnde Konsumenteninteresse ließen die Digitalisierung langsamer voranschreiten als erhofft. Mitte 2002 hatten etwa 17 Prozent der schwedischen Fernsehhaushalte Zugang zu digitalen Fernsehkanälen (terrestrisch, per Satellit oder Kabel). Ein Termin für das Abschalten der analogen Netze konnte bisher nicht festgelegt werden.

In Finnland entschied man sich ebenfalls für digitales terrestrisches Fernsehen, versuchte aber, pragmatischer an das Problem heranzugehen und einige der in Schweden gemachten Fehler zu vermeiden. Die Regierung beschränkte sich auf die Bereitstellung der Frequenzen, einen rechtlichen Rahmen und die Lizenzierung der Anbieter. Die technischen Details wurden zwischen den beteiligten öffentlich-rechtlichen und privaten Unternehmen ausgehandelt. So einigte man sich beispielsweise auf MHP als einheitlichen Standard und einen gemeinsamen Starttermin für die digitalen Kanäle. Trotz eines vergleichsweise problemlosen Starts ist das digitale terrestrische Fernsehen jedoch auch in Finnland bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dies lag zum Teil an Verzögerungen bei der Bereitstellung marktfähiger Decoder, aber auch an der Zurückhaltung der Verbraucher.

Dänemark und Norwegen befinden sich noch in der Planungsphase für das digitale terrestrische Fernsehen. Über Satellit oder Kabel ist eine Minderheit der Fernsehhaushalte bereits digitalisiert. Weitgehend offen ist in allen nordischen Ländern die Kernfrage, wie mit dem analogen Switch-off verfahren werden soll. Im Gespräch ist auch eine Subventionierung der digitalen Decoder, um den Umstieg zu erleichtern und zu beschleunigen. Zu vermuten ist nach dem gegenwärtigen Stand, dass der Switch-off noch fern in der Zukunft liegen wird, sollten in der Zwischenzeit nicht neue Inhalte und Anwendungen die Attraktivität des Digitalfernsehens deutlich erhöhen.

MP 9/2002, S. 460-472



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