Heft 8

Birgit van Eimeren/Heinz Gerhard/Beate Frees

Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland: Mehr Routine, weniger Entdeckerfreude

ARD/ZDF-Online-Studie 2002

Während in wirtschaftlicher Hinsicht die Euphorie um das Internet weitgehender Ernüchterung gewichen ist, wächst die Zahl der Nutzer kontinuierlich weiter an. Waren 1997 gerade einmal 6,5 Prozent der Deutschen online, so sind es 2002 rund 44 Prozent aller Erwachsenen. Aber ist das Internet damit wirklich zu einem Massenmedium geworden, das alle Gruppen der Gesellschaft erreicht und mittelfristig eine ähnliche Verbreitung wie Radio oder Fernsehen haben wird? Im Mittelpunkt der diesjährigen ARD/ZDF-Online-Studie standen die individuellen Internetbiografien und Nutzungsroutinen. Sind Internetnutzer beständig auf der Suche nach neuen "Internetwelten" oder haben sie "Lieblingsseiten", die immer wieder angesteuert werden? Zur Beantwortung dieser und anderer Fragen wurden 2 300 repräsentativ ausgewählte Personen telefonisch befragt, von denen sich 1 011 als "Onliner" erwiesen.

Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt, dass die Zahl der Internetnutzer weiter zunimmt, die Zuwachsraten sich aber im Vergleich zu früheren Jahren abschwächen. Das Internet wird zwar mittlerweile von fast allen Bevölkerungsgruppen genutzt, die größten Zuwächse sind aber nach wie vor in der Kernklientel der jüngeren, männlichen, formal höher gebildeten Gruppe zu registrieren.

War der Zugang zum Medium Internet noch vor fünf Jahren vor allem am Arbeits- oder Ausbildungsplatz vorherrschend, gehen heute 50 Prozent der Nutzer ausschließlich zu Hause online. Entsprechend nimmt auch die Nutzung am Wochenende zu. Als starke Motivation, sich einen Internetanschluss zuzulegen, wurde vor allem auch der Konformitätsdruck aus dem sozialen Umfeld genannt. E-Mail steht als meistgenutzte Anwendung mit Abstand an erster Stelle, gefolgt von Informationssuche und ziellosem Surfen. Onlineshopping spielt nur eine untergeordnete Rolle, ebenso ist insgesamt die Bereitschaft, für spezielle Onlineangebote zu zahlen, weiterhin gering.

Die Nutzung ist inzwischen bei den meisten Nutzern in hohem Maße habitualisiert. Es werden gezielt bestimmte Adressen aufgerufen, die Nutzer legen sich ihr individuelles "Koordinatensystem" für das Netz zurecht, um die Komplexität des Internets zu reduzieren. Im Verhältnis zu den traditionellen Medien bestätigt sich wie auch in den Vorjahren: Internet, Fernsehen, Radio und Print haben im Wesentlichen komplementäre Funktionen. Acht von zehn Onlinern glauben nicht, dass das Internet den Umfang ihrer Nutzung anderer Massenmedien mindert.

MP 8/2002, S. 346-362



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