Heft 1

Runar Woldt

Konturen des digitalen Kabelmarkts

Sind Vielfalt und offener Zugang gewährleistet?

Der Verkauf der Kabelnetze der Deutschen Telekom AG an ausländische Investoren hat eine lebhafte öffentliche Debatte über die Zukunft des Kabels in Deutschland ausgelöst. Neben die hochgespannten Erwartungen hinsichtlich des Ausbaus der Netze zu Multimediaplattformen, die auch Highspeed-Internet und Telefonie ermöglichen, treten zunehmend auch Besorgnisse, welche Art von Strukturveränderungen der Eigentümerwechsel mit sich bringen könnte.

Die drei neuen Kabelnetzbetreiber haben unterschiedliche Prioritäten beim Ausbau ihrer Netze angekündigt. Ein großer Unsicherheitsfaktor ist die Akzeptanz der deutschen Kabelabonnenten und ihre Zahlungsbereitschaft, denn die in den kommenden Jahren notwendigen Investitionen werden sich nur dann amortisieren, wenn die Kabelbetreiber deutlich höhere Einnahmen pro Anschluss erzielen als bisher. Internet und Telefonie könnten Quellen für solche zusätzlichen Umsätze sein. Zugleich würde Konkurrenz auch für den Marktführer in diesen Sektoren, die Deutsche Telekom, entstehen.

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht Liberty Media, eine US-amerikanische Holding, die sechs regionale Kabelgesellschaften der Telekom mit gut 10 Millionen angeschlossenen Haushalten übernehmen will. Liberty besitzt bereits Beteiligungen an rund hundert Medien- und Kommunikationsunternehmen weltweit, darunter auch an AOL Time Warner und News Corporation, aber auch bei diversen Inhalteproduzenten und Fernsehkanälen. Öffentlich-rechtliche und private Rundfunkveranstalter in Deutschland haben gegenüber dem Bundeskartellamt ihre Besorgnis geäußert, dass wegen dieses Hintergrunds und verschiedener Äußerungen von Liberty zu seiner Kabelstrategie eine marktbeherrschende Stellung des Kabelbetreibers entstehen und Inhalteanbieter benachteiligt werden könnten.

Das Bundeskartellamt wird diese Gefährdung bewerten und bei seiner Entscheidung über die Übernahme der Telekom-Netze durch Liberty in Betracht ziehen. Darüber hinaus stehen Medienpolitik und -gesetzgebung in der Verantwortung, Vielfalt und Rundfunkfreiheit im Kabel zu gewährleisten. Neben Must-carry-Regeln sind dabei offener Zugang zu den Netzen und eine Trennung von Infrastrukturbetreibern und Inhalteanbietern wichtige Instrumente.

MP 1/2002, S. 34-49



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