Heft 5

Runar Woldt

Selbstverpflichtungen bei der BBC

Ein Modell für Transparenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk?

Von den Ministerpräsidenten der Länder wurde im Oktober vergangenen Jahres die Einführung von so genannten Selbstverpflichtungen für ARD und ZDF in die medienpolitische Debatte eingebracht. Die Selbstverpflichtungen sollen dazu dienen, den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag quantitativ und qualitativ näher zu bestimmen und eine entsprechende regelmäßige Rechenschaftslegung zu ermöglichen. Dabei wurde das Beispiel der BBC als Modell auch für Deutschland genannt. Unter anderem in der Diskussion um das Onlineengagement der öffentlich-rechtlichen Anstalten wurde das Instrument der Selbstverpflichtungen erneut als eventuell sinnvolle Lösung erwogen.

Weitgehend unklar ist dabei bisher geblieben, wie in Großbritannien die Selbstverpflichtungen für die BBC gehandhabt werden, welche rechtlichen Grundlagen sie haben und welche Inhalte vorherrschen. Eine Analyse der von der BBC erstmals 1996 vorgelegten "Promises" zeigt, dass sie einerseits auf einer langen Tradition ähnlicher veröffentlichter Zielsetzungen und Rechenschaftsberichte der BBC zurückgreifen können, andererseits eine besondere politische Situation in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zu ihrer Einsetzung führte. Die Promises sind zwar in der Royal Charter und dem Agreement, den Rechtsgrundlagen der BBC, verankert, sie sind aber nicht mit Sanktionen irgendwelcher Art verknüpft.

Inhaltlich decken die Promises ein sehr weites Feld zumeist qualitativer Ankündigungen und Versprechen ab. Sie enthalten sowohl längerfristige unternehmensstrategische Ziele auf sehr abstrakter Ebene als auch konkrete Absichten etwa zu Programmstrukturen bestimmter Kanäle oder in Bezug auf einzelne Genres. Vereinzelt treten auch quantifizierbare Selbstverpflichtungen auf, etwa zur Erhöhung des Anteils einheimischer Produktionen oder zu einzelnen wirtschaftlichen Aspekten.

Das Feedback der Öffentlichkeit auf die Promises der BBC ist bisher gering, was zum einen auf die relativ große Vielfalt an Publikationen, Berichten und anderen Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit der BBC zurückgeführt werden kann. Andererseits dürfte auch die seit 1996 recht inkonsistente Präsentation der Promises selbst gegen eine stärkere Wahrnehmung gewirkt haben. Insgesamt gesehen erfüllen sie vor allem die Funktion einer Betonung des "value for money", eines angemessenen Gegenwerts für die Rundfunkgebühr. Sie haben weder von ihrer Konzeption noch von ihren Inhalten her eine vornehmlich selbstbeschränkende Funktion.

MP 5/2002, S. 202-209



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