Heft 10

Gerhard Franz

Digitales Fernsehen: Herausforderungen für TV-Forschung und TV-Werbung

Ergebnisse eines Forschungsprojekts zu Digitalfernsehen und Zuschauermessung

Digitales Fernsehen wird - zunehmende Verbreitung vorausgesetzt - das Nutzungsverhalten der Zuschauer verändern und damit auch Konsequenzen für die TV-Werbung haben. Digitales Fernsehen verspricht vor allem Programmvielfalt. Derzeit ist die Verbreitung von Digital-TV in Europa noch sehr unterschiedlich. Dabei ist in Ländern mit großer analoger Programmvielfalt die Verbreitung von digitalem Fernsehen niedriger. In Deutschland gibt es derzeit gut 10 Prozent Digitalhaushalte, die Prognosen zur weiteren digitalen Verbreitung schwanken für 2007 zwischen unter 40 Prozent und maximal 60 Prozent der Haushalte.

Der digital am weitesten entwickelte Markt ist Großbritannien mit fast 40 Prozent Digitalhaushalten, in denen bis zu 130 digitale Programme zur Verfügung stehen. Zwar nutzen die Zuschauer keine wesentlich größere Anzahl von Angeboten als beim früheren Analogempfang mit geringerer Programmauswahl, aber ihr Relevant Set, d.h. die jeweils gesehenen Kanäle, ist individuell sehr unterschiedlich. Dies hat zu einer starken Zuschauerfragmentierung geführt. In Großbritannien gibt es beispielsweise nur mehr vier Programme mit einem Marktanteil von mehr als 5 Prozent, aber über 100 Programme mit einem Marktanteil unter 1 Prozent.

Eine solche Zuschauerfragmentierung hat erhebliche Folgen für die Fernsehforschung und Mediaplanung, denn die genaue Erfassung kleiner Marktanteile würde vielfach größere Panels erfordern, die allerdings kaum finanzierbar wären. Mögliche Lösungen könnten in der Aggregation von Daten liegen (die allerdings auf Kosten der Detailgenauigkeit ginge) sowie in der Modellierung von Reichweiten.

Veränderungen drohen der klassischen Fernsehnutzung auch durch persönliche digitale Videorecorder (PVR), mit denen man Fernsehprogramme aufzeichnen und zeitversetzt ansehen kann. Dabei lassen sich Werbeblöcke bequem überspringen, was vor allem die klassische Spotwerbung gefährdet. Gleiches gilt für interaktive Werbung, die den Zuschauer zu weitergehenden Informationen weglockt und so dem nachfolgenden Programm bzw. der nachfolgenden Werbung entzieht. Digitale Fernsehtechniken werden also neue Werbeformen erfordern.

MP 10/2003, S. 463-469



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