Heft 11

Gerd Hallenberger

Eurofiction 2002: Trotz Krise überraschend stabiles Angebot

Erstausgestrahlte einheimische fiktionale Fernsehproduktionen in Deutschland

Im Zentrum der seit 1996 jährlich durchgeführten internationalen Studie Eurofiction steht die kontinuierliche Erfassung des Angebots fiktionaler Fernsehproduktionen aus einheimischer Produktion. Die langfristige Beobachtung der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehprogramme in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien enthält quantitative und qualitative Elemente und liefert einen genauen Überblick über die Entwicklung des Fictionangebots in diesen Ländern. Erhoben werden Sendedaten (u.a. Sendeplatz, Nettolänge, Produktionstyp), inhaltliche Merkmale (Formattyp, Genre) und kulturelle Indikatoren (u.a. Handlungsort, Hauptpersonen).

Die Erwartung, dass im Jahr 2002 wegen der allgemein schwachen wirtschaftlichen Entwicklung (im Fernsehbereich speziell auch rückläufige Werbeeinnahmen) ein merklicher Rückgang des Angebots an einheimischer fiktionaler Produktion zu verzeichnen sein würde, bestätigte sich nicht. Lediglich in Spanien gab es ein gegenüber dem Vorjahr verringertes Angebot, in Frankreich wurden sogar rund 13 Prozent mehr fiktionale Produktionen ausgestrahlt (gerechnet nach Sendestunden) als im Jahr zuvor. Gemeinsam gilt für alle untersuchten Länder, dass einheimische Produktionen bevorzugt in der Hauptsendezeit zum Einsatz kommen, während Importe (vor allem aus den USA) vor allem tagsüber ausgestrahlt werden.

Bestätigt hat sich auch 2002, dass Deutschland mit Abstand das stärkste Produktionsland für fiktionale Programme in Europa ist, sowohl nach Anzahl der Produktionen als auch nach Anzahl der Sendungen und kumulierter Sendedauer. Dabei ist die erstausgestrahlte einheimische Produktion zunehmend zu einer Domäne der öffentlich-rechtlichen Sender geworden: Rund zwei Drittel des Gesamtangebots entfielen 2002 auf ARD und ZDF. Insbesondere auch die "kleineren" öffentlich-rechtlichen Kanäle (vor allem die Dritten und Ki.Ka) haben im vergangenen Jahr deutlich mehr in die fiktionale Eigen- und Auftragsproduktion investiert.

Im Fictionangebot der deutschen Sender dominieren die vier Genres Daily Soap, Krimi, Arzt und Familie, die zusammen rund 60 Prozent des Gesamtangebots nach Sendelänge ausmachen. Die Hitliste der erfolgreichsten einheimischen Fictionsendungen (nach Zuschauer in Mio) führen im Jahr 2002 zehn Produktionen von ARD und ZDF an, mit dem "Tatort" (Das Erste/ARD) erneut an der Spitze.

MP 11/2003, S. 490-499



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