Heft 4

Günther Rager

Jugendliche als Zeitungsleser: Lesehürden und Lösungsansätze

Ergebnisse aus dem Langzeitprojekt 'Lesesozialisation bei Informationsmedien'

Tageszeitungen haben seit geraumer Zeit Probleme, Jugendliche als Leser zu gewinnen. Sie werden von ihnen zwar als seriöse Informationsmedien betrachtet, doch wirkt gerade dieses Image eher abschreckend, trocken und unspektakulär. Hinzu kommt bei vielen Jugendlichen ein generelles Desinteresse an (politischer) Information. Im DFG-geförderten Langzeitprojekt "Lesesozialisation bei Informationsmedien" des Instituts für Journalistik an der Universität Dortmund werden personen- und produktbezogene Faktoren der Lesesozialisation erforscht. Ergänzend gibt es ein medienpädagogisches Projekt "Zeitungstreff" im Auftrag verschiedener Zeitungsverlage.

Die gesellschaftliche Relevanz des Zeitunglesens liegt nicht nur in deren Informationsangebot begründet, vielmehr trainiert Zeitunglesen Fertigkeiten wie verstehendes Lesen, Selektion und Navigation, die auch für andere Medien (insbesondere das Internet) und viele sonstige Anforderungen der Informationsgesellschaft beherrscht werden müssen. Befragungsergebnisse im Rahmen des Projekts ermittelten ein Potenzial von bis zu 60 Prozent der 15- bis 17-Jährigen, die der Zeitung als (politischem) Informationsmedium grundsätzlich offen gegenüberstehen. Etwa ein Viertel der befragten Schüler kann als "Zeitungsverweigerer" typisiert werden und umgeht Informationsangebote vermutlich auch in anderen Medien.

Wer wird Zeitungsleser? Wichtigste Instanz für das Interesse an Tageszeitungen ist das Elternhaus bzw. das dortige Vorhandensein eines Abonnements. Ebenso spielt die Habitualisierung eine große Rolle, zum Beispiel das Zeitunglesen beim Frühstück, sowie das Leseverhalten von Peer Groups und die formale Bildung. Für das Produkt Zeitung sind aus den Projektergebnissen folgende Schlussfolgerungen zu ziehen: Zeitungen sollten optische Vorlieben Jugendlicher aufgreifen. Für die Wahrnehmung von Artikeln durch diese Altersgruppe ist einerseits die prominente Platzierung sehr wichtig, andererseits ein Leseanreiz durch Bilder und insbesondere Cartoons. Bei der Sprache sind Sachlichkeit und Verständlichkeit gefragt. Wichtig wird auch sein, ob es den Tageszeitungen in Zeiten sinkender Abonnementzahlen gelingt, auch außerhalb der Elternhäuser einen "Erstkontakt" zu Kindern und Jugendlichen herzustellen.

MP 4/2003, S. 180-186



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