Heft 3

Christoph Neuberger

Onlinejournalismus: Veränderungen - Glaubwürdigkeit - Technisierung

Eine Sekundäranalyse bisheriger Forschungsergebnisse und wissenschaftlicher Analysen

Ein Kennzeichen für den Onlinejournalismus ist, dass die frühere Knappheit an Vermittlungskapazität abgelöst wird durch Knappheit an Aufmerksamkeit und Kompetenz aufseiten der Nutzer. Zudem entwickeln sich im Internet neue Angebotsformen, die im weiteren Sinn journalistische Leistungen erbringen (z.B. Weblogs, Peer-to-Peer-Angebote).

Den traditionellen Journalismus kennzeichnet eine Rollenkombination aus Kommunikator- und Mediatorrolle, mit der zugleich der Anspruch einer Qualitätssicherung verbunden ist. Journalismus im Internet verliert das Monopol, den Zugang zur Öffentlichkeit zu kontrollieren, weil jeder ohne großen Aufwand im Netz publizieren kann. Dennoch bleibt Journalismus als Instanz der Aufmerksamkeitslenkung, Orientierung und Qualitätskontrolle auch im Internet notwendig.

Onlinenutzer orientieren sich, wie Befragungen in den USA gezeigt haben, bei der Bewertung von Angeboten zwar stärker als Journalisten und Experten an Gestaltungsmerkmalen. Dennoch hat die Einhaltung journalistischer Berufsnormen für sie eine große Bedeutung. Nutzer erwarten Transparenz über Anbieter und Quellen sowie eine klare Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung. Journalistische und kommerzielle Inhalte lassen sich nach ihrer Einschätzung im Internet oft nur schwer unterscheiden, und auch Transparenz ist nicht ausreichend gegeben. In den USA ist den Ergebnissen einer jährlichen repräsentativen Befragung zufolge das Zutrauen in die Zuverlässigkeit von Internetinformationen tendenziell rückläufig.

Empirische Studien über das Tätigkeitsprofil von Onlinejournalisten zeigen eine starke Belastung durch technische Aufgaben. Auch wenn es bereits eine Suchmaschine gibt, die ein Newsportal anbietet, welches ohne Redaktion auskommt, ist absehbar nicht damit zu rechnen, dass "Künstliche Intelligenz" den Journalismus ablösen könnte. Dieser sollte sich - auch im Sinne seiner Unersetzbarkeit - stärker auf Kreativität und Interpretation konzentrieren.

MP 3/2003, S. 131-138



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