Heft 11

Julian McGougan

Digitale Zukunft und die Auswirkung auf Programmkosten

Die Erfahrungen in Großbritannien - Was ist auf Deutschland übertragbar?

Großbritannien ist in Europa führend, was die Digitalisierung anbelangt: Inzwischen werden rund 55 Prozent aller britischen Fernsehhaushalte mit digitalen Fernsehprogrammen versorgt. Das Satellitenfernsehen hat nach wie vor eine führende Stellung, während Kabel eine geringere Rolle spielt. Nachdem das terrestrische digitale Fernsehen (DVB-T) zunächst mit dem Scheitern von ITV Digital im Jahr 2002 einen Fehlstart erlebte, ist die Nachfolgeplattform Freeview unter Führung der BBC ein ausgesprochener Erfolg. Freeview besitzt als frei zugängliches digitales Angebot eine besondere Attraktivität für einen großen Teil der britischen Fernsehhaushalte, die bisher noch allein das eingeschränkte analoge terrestrische Fernsehen empfangen können. Daher ist Freeview in den vergangenen zwei Jahren maßgeblich für den Anstieg bei den digitalen Anschlüssen verantwortlich. Die BBC konnte gleichzeitig auch mit ihrem digitalen Radioangebot Bewegung in den stagnierenden Radiomarkt bringen.

Aus Sicht der Rundfunkveranstalter ist die Digitalisierung mit einer Reihe von Chancen, aber auch Risiken verbunden. Zu den positiven Aspekten gehören unter anderem die größere Flexibilität, die Verknüpfung mit neuen interaktiven Zusatzangeboten sowie die Möglichkeit, bestimmte Publika genauer anzusprechen. Risiken liegen unter anderem im elektronischen Programmführer (EPG), der im digitalen Fernsehen eine zentrale Position als Navigationsinstrument für den Nutzer einnimmt. Die Situation der Ausstrahlungs- und Verwertungsrechte für Rundfunkinhalte wird durch digitale Anwendungen verkompliziert, auch das Digital Rights Management (DRM) ist für Anbieter wie die BBC ein durchaus zweischneidiges Instrument. Nicht zuletzt birgt das Aufkommen der Personal Videorecorder (PVR) neue Herausforderungen für die Fernsehveranstalter. Im Bereich des digitalen Radios deutet sich bereits an, wie sich Nutzungsgewohnheiten verändern könnten.

Vor allem wirft jedoch die Digitalisierung die Frage auf, wie all die neuen Möglichkeiten finanziert werden sollen. Für die BBC läuft eine relativ großzügige Gebührenregelung im Jahr 2006 aus, zu einem Zeitpunkt, da voraussichtlich neue, große Investitionen in digitale Technik notwendig werden könnten. Die BBC will durch eine Ausweitung neuer digitaler Dienste, etwa im interaktiven Bereich, nicht ihre konventionellen Programmangebote gefährden. Gleichzeitig wird von ihr jedoch erwartet, dass sie bei dem so genannten Switch-over, dem endgültigen Umstieg von analog auf digital in Großbritannien eine führende Rolle übernimmt. Die Kostenfrage ist bisher noch nicht geklärt.

MP 11/2004, S. 538-546



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