Heft 6

Christoph Wild

Erfolgschancen durch Werbung für ältere Zielgruppen

Vorurteile, Fakten und empirische Befunde zur Werbung bei über 49-Jährigen

Ein Großteil der werblichen Kommunikation wendet sich derzeit an jüngere Zielgruppen - der demographischen Entwicklung mit steigender Bedeutung älterer Menschen zum Trotz. Diese Präferenz für junge Zielgruppen bis maximal 49 Jahre beruht auf mehreren, zumeist nicht mehr hinterfragten Annahmen: Jüngere seien aktiver und entscheidungsfreudiger, konsumfreudiger und zum Markenwechsel bereit. Sie müssten gezielt beworben werden, während Ältere aufgrund ihrer höheren Mediennutzung sowieso einen genügend hohen Werbedruck aufwiesen.

Ist die Bevorzugung jüngerer Zielgruppen noch angebracht? Vier Typen von Älteren (gemeint sind hier über 49-Jährige) lassen sich unterscheiden: 1. aktive, flexible Ältere, 2. aufgeschlossene, interessierte Ältere, 3. abgeklärte, zufriedene Ältere und 4. passive, graue Ältere. Bei gut der Hälfte der Älteren zeigen sich hinsichtlich ihrer allgemeinen Lebens- und Konsumeinstellungen kaum Unterschiede zu Jüngeren. Vor allem die Typen eins und zwei sind anspruchsvolle Konsumenten, die Interesse an Produkten haben, probierfreudig und markenorientiert sind.

Betrachtet man verschiedene Altersgruppen auf ihre Markentreue hin, zeigt sich, dass es keine großen Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Zielgruppen gibt und die Bereitschaft zum Markenwechsel eher vom Produktbereich als vom Alter abhängt. Unterschiede zwischen Älteren und Jüngeren zeigen sich in der Einstellung zur Werbung: Ältere sind hier etwas kritischer. Aber beeinflusst die Einstellung zur Werbung überhaupt deren Wirksamkeit? Eine Untersuchung anhand von vier Werbekampagnen fand keine Hinweise auf einen Zusammenhang von Werbewirkung und -einstellung. Da Ältere häufiger einkaufen als Jüngere, sind sie aber häufiger direkt vor Kaufentscheidungen für Werbung erreichbar. Für schnelldrehende Verbrauchsgüter geben sie zudem mehr Geld aus als Jüngere.

Die Folgen der Aussteuerung der Mediapläne auf jüngere Zielgruppen wurden anhand einer Analyse von vier Radio-/TV-Mixkampagnen näher betrachtet. Deutlich wird: In durchschnittlichen Radio-/TV-Mixkampagnen werden in der Regel weniger Personen über 49 Jahre mit geringerem Werbedruck erreicht, und diese geringere Berücksichtigung älterer Zielgruppen resultiert zu einem nicht unerheblichen Teil aus der Ausrichtung des Radioeinsatzes auf ausschließlich jüngere Konsumenten. Beim Wirkungsindikator Markenpräferenz zeigt die Analyse, dass hohe Kontaktzahlen eher bei älteren Zielgruppen angebracht sind, da nur bei den Älteren noch ein deutlicher Zuwachs in der Wirkung zu verzeichnen ist. Diese Steigerung der Markenpräferenz bei den Älteren geht vor allem von Mixkontakten aus; TV-Monokontakte bringen hier nur wenig.

Bilanzieren lässt sich: Zielgruppen über 49 Jahre haben große Marktbedeutung. Erreicht man sie in der werblichen Kommunikation, zeigt sich auch Wirkung.

MP 6/2004, S. 251-260



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