Heft 2

Horst Röper

Formationen deutscher Medienmultis 2003

Entwicklungen und Strategien der größten deutschen Medienunternehmen

Im Zeichen von Wirtschafts- und Werbemarktkrise setzten die größten deutschen Medienkonzerne im vergangenen Jahr vor allem auf Konsolidierung und Restrukturierung. Wurden noch vor wenigen Jahren große Anstrengungen zur Diversifizierung des Geschäfts unternommen, konzentrieren sich die Konzerne jetzt wieder stärker auf ihre jeweiligen Kerngeschäftsfelder. Zugleich weiten sie vielfach ihre Auslandsaktivitäten aus. Während die Großverlage Gruner+Jahr, Springer, Bauer und Burda beispielsweise 1996 im Ausland durchschnittlich einen Umsatzanteil von 28 Prozent erreichten, liegt dieser Anteil mittlerweile um rund 10 Prozentpunkte höher. Insbesondere in Osteuropa wächst der Umsatz der Großverlage stark.

Im deutschen Zeitungsmarkt vollzieht sich derzeit eine beschleunigte Konzentration, an der insbesondere die großen Verlagsgruppen mit Aufkäufen teilhaben. Spektakulärstes Beispiel ist der vom Kartellamt untersagte Erwerb der Berliner Zeitung und des Berliner Kurier durch Holtzbrinck, der in Berlin bereits den Tagesspiegel besitzt. Auch nach der Weiterveräußerung des Tagesspiegel an den ehemaligen Holtzbrinck-Manager Pierre Gerckens wurde dem Kaufantrag nicht stattgegeben. Wie Holtzbrinck versprechen sich auch andere Großverlage erleichterte Beteiligungs- und Übernahmemöglichkeiten, sollte die Reform der Pressefusionskontrolle wie geplant verabschiedet werden. Bei den Publikumszeitschriften kämpfen die Großverlage derzeit insbesondere untereinander um Marktanteile, wobei erstmals im deutschen Markt im größeren Stil auch der Verkaufspreis der Titel als Instrument eingesetzt wird.

Der Rundfunksektor ist nach dem Verkauf der ProSieben Sat.1 Media AG an den US-amerikanischen Medienunternehmer Haim Saban infolge der Insolvenz des Kirch-Konzerns neu strukturiert. In sicherer Position ist hier die RTL Group als Anbieter sowohl von privaten Fernsehprogrammen als auch von Privatradios und Produktionsunternehmen. Innerhalb des Bertelsmann-Konzerns ist die Gruppe mittlerweile der wichtigste Bereich, der fast ein Viertel des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Holtzbrinck, Burda und Bauer (der Bauer-Konzern war mit seiner Offerte für die ProSieben Sat.1 Media AG nicht zum Zuge gekommen) haben nur marginale Engagements im Rundfunksektor.

Bei der Axel-Springer AG konnte sich Verlegerin Friede Springer nach der Kirch-Insolvenz durch den Kauf von gut 10 Prozent der Kirch-Anteile an Springer die Mehrheit am Konzern sichern. Der Fernsehbereich spielt bei Springer nur noch eine untergeordnete Rolle, expandiert wird vor allem im Kerngeschäft Zeitungen.
Die rückläufige Werbekonjunktur trifft die Großverlage unterschiedlich. Im WAZ- und Bauer-Konzern blieben die Umsätze weitgehend stabil, ausgleichend wirkte hier nicht zuletzt das Auslandsgeschäft. Burda kooperiert im Ausland vor allem mit dem italienischen Rizzoli-Konzern. Die führende Position von Gruner+Jahr, bei dem Bertelsmann mit knapp 75 Prozent beteiligt ist, als umsatzstärkstes Verlagsunternehmen ist in den letzten Jahren ins Wanken geraten, das Hamburger Unternehmen hat etliche Zeitungen verkauft und will sich auf Zeitschriften konzentrieren. Im Mutter-Konzern Bertelsmann hat seit der Trennung von Vorstandschef Thomas Middelhof 2002 eine strategische Neuausrichtung stattgefunden, in deren Verlauf der Einfluss der Eigner-Familie Mohn gewachsen ist. Die einzelnen Konzernbereiche haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Auf den nationalen Markt entfällt noch ein Umsatzanteil von gut 30 Prozent.

MP 2/2004, S. 54-80



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