Heft 6

Runar Woldt

Notwendige Konsolidierung oder gefährliche Monopolbildung?

Kabelindustrie plant eine (Re-)Konzentration mit problematischen Konsequenzen

Gut zwei Jahre nach dem Einspruch des Bundeskartellamts gegen die Übernahme eines großen Teils der ehemaligen Kabelnetze der Deutschen Telekom durch das US-amerikanische Unternehmen Liberty Media ist das Amt bereits wieder mit der Prüfung einer Konzentration im Kabelsektor befasst. Das Unternehmen Kabel Deutschland GmbH (KDG) hat beantragt, die anderen drei Betreiber auf der Netzebene 3 - Ish, Iesy und Kabel BW - zu übernehmen. Hiermit würde die seinerzeit eingeführte dezentrale Struktur der Kabelnetzbetreiber auf der Netzebene 4 (Signalzulieferung bis an die Grundstücksgrenzen) rückgängig gemacht, es entstünde (wieder) ein dominantes Kabelunternehmen mit nationaler Ausbreitung.

KDG begründet das Vorhaben insbesondere mit den besseren Bedingungen für einen Ausbau der Kabelnetze und die Einführung digitaler Angebote. Die Konsolidierung erlaube es endlich, die "Modernisierungsblockade" im Kabel zu durchbrechen. Kritik an diesem Vorhaben wird allerdings nicht nur von der Rundfunkaufsicht und den Konkurrenten in der Kabelindustrie geäußert, sondern auch von Rundfunkveranstaltern. Ein dominantes Unternehmen auf der Netzebene 3, das zudem einen großen Anteil an Kabelanschlüssen auf der Netzebene 4 kontrolliere, gefährde den ungehinderten Zugang zum Kabel.

Auseinandersetzungen zwischen KDG und den Rundfunkveranstaltern gibt es bereits um die Gestaltung der Nutzerführung (Navigator) im digitalen Angebot der KDG sowie um die Frage der Verschlüsselung und der Zertifizierung bestimmter Standards für die benötigten Kabelreceiver. Während ARD und ZDF eine Einigung mit KDG über diese Fragen erzielen konnte, die den freien Zugang zu ihren digitalen Bouquets garantieren, werden die privaten Programme, außer Angeboten des Pay-TV-Sender Premiere, bisher nicht ins digitale Kabel eingespeist.

Bei seiner Entscheidung wird das Bundeskartellamt auch mit zu berücksichtigen haben, ob der geplante Zusammenschluss eine tatsächliche Chance für den qualitativen Ausbau der Kabelnetze bietet oder ob es bei dem Vorhaben in erster Linie um eine kurzfristige Wertsteigerung der Netze geht, die den gegenwärtigen Eigentümern (vornehmlich Banken und Finanzierungsunternehmen) einen lukrativen "Exit" in näherer Zukunft ermöglichen soll.

MP 6/2004, S. 261-267



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