Heft 2

C. Edwin Baker/Friedrich Kübler

Sicherung der Meinungsvielfalt durch mehr Markt?

Die rechtspolitische Entwicklung der Medienkonzentrationskontrolle in den Vereinigten Staaten

Im Juni 2003 hat die amerikanische Medienaufsichtsbehörde FCC weitreichende Änderungen der Bestimmungen zur Konzentrationskontrolle im Medienmarkt verabschiedet. Der Beitrag analysiert deren Bedeutung und ordnet sie in einen größeren gesellschaftlichen Kontext ein. Hinter diesen Neuregelungen, die einen massiven Abbau von Konzentrationsbeschränkungen darstellen, steht die zunehmende Abkehr von der auch in den USA lange Zeit geltenden Vorstellung, dass die Massenmedien, insbesondere der Rundfunk, den Interessen der Allgemeinheit und der Demokratie zu dienen haben. Ursprünglich dominierte die Auffassung, dass wegen dieser besonderen Bedeutung der Medien über einfaches Wettbewerbsrecht hinausgehende Beschränkungen notwendig seien, um Medienkonzentration wirksam einzudämmen. Die Neuregelungen, die vor allem die Freiheit der Medienunternehmer auf ungehinderte Expansion betonen, verkürzen die Forderung nach Meinungsvielfalt im Interesse des Staatsbürgers auf die Wahl der Medienkonsumenten unter verschiedenen Medienangeboten.

Danach ist nunmehr der Mehrfacherwerb von Fernsehsendern in fast allen Märkten erlaubt, Crossownership von Presse, TV und Radio wird deutlich weniger begrenzt, überregionale Konzentrationsbeschränkungen werden weiter gelockert. Als alleinigen Maßstab für Meinungsvielfalt hat die FCC den so genannten "Diversity Index" entwickelt, der - allerdings mit wesentlichen Modifikationen - dem im Wettbewerbsrecht verwendeten Hirschman-Herfindahl-Index nachempfunden wurde. Im Ergebnis führt dieser neue Maßstab zu wesentlich geringeren Anforderungen an die Medienkonzentrationskontrolle als das einfache Wettbewerbsrecht.

Die Neuregelungen sind allerdings nicht nur innerhalb der FCC selbst umstritten, sie stießen auch auf gesellschaftlichen und politischen Widerstand, während sie von den Medienkonzernen gefordert und begrüßt wurden. Ob und wieweit sie sich durchsetzen werden, ist derzeit unklar. Für die Weiterentwicklung des deutschen und europäischen Medienrechts jedenfalls können sie nach Ansicht der Autoren, anders als die frühere US-Regulierungspraxis, kein Vorbild mehr bilden.

MP 2/2004, S. 81-88



Zurück zur Übersicht