Heft 7

Dieter Dörr

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und die Vorgaben des Europarechts

Public-Service-Idee, Dienstleistungsfreiheit und Beihilfenkontrolle - zum Spannungsverhältnis zwischen nationalem und europäischem Recht

Obwohl über die Bedeutung der Medien für die Demokratie unter allen EU-Mitgliedern Konsens herrscht und in den meisten Fällen hier öffentlich-rechtlicher oder staatlicher Public-Service-Rundfunk eine zentrale Rolle spielt, gerät der gebührenfinanzierte Rundfunk immer wieder in Konflikt mit dem europäischen Recht. Der Grund liegt in der primär wirtschaftlichen Ausrichtung des EG-Vertrages, der vor allem auf die Errichtung eines gemeinsamen Marktes ohne Hindernisse abzielt. Medien werden als Dienstleistung aufgefasst und die Rundfunkveranstalter als Unternehmen betrachtet. Sie unterfallen somit dem wettbewerbsrechtlichen Beihilfenverbot des EG-Vertrages.

Während die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission die Rundfunkgebühren als Beihilfe auffasst, haben die Mitgliedstaaten im Amsterdamer Protokoll ihre Befugnis festgelegt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren. Diese Festlegung steht nicht im Widerspruch zum Beihilfenverbot, sind doch die Mittel für öffentlichen Rundfunk an eine adäquate Gegenleistung geknüpft. Dies ist auch die Quintessenz der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs: Eine staatliche Rundfunkfinanzierung, die mit den tatsächlichen Kosten aufgrund des öffentlich-rechtlichen Auftrags der Rundfunkveranstalter korrespondiert, erfüllt nicht den Tatbestand der Beihilfe.

Hier erweist sich das deutsche System der Gebührenermittlung durch die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) als modellhaft, weil diese den tatsächlichen Bedarf feststellt. Für eine beihilfenneutrale Rundfunkfinanzierung muss ferner der öffentlich-rechtliche Auftrag hinreichend präzise definiert sein. Dies ist in Deutschland mit den Begrenzungen des §19 RStV und mit den Selbstverpflichtungserklärungen der Rundfunkanstalten nach § 11 RStV geschehen. Damit ist den Erfordernissen des Amsterdamer Protokolls über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der Rechtsprechung des EuGH zum Beihilfebegriff Genüge getan. Für eine dauerhafte Legitimation des Public-Service-Rundfunks sind jedoch auch eine selbstkritische Qualitätsdebatte sowie Programme nötig, die deutliche Unterschiede des gemeinwohlorientierten zum kommerziellen System aufweisen.

MP 7/2005, S. 333-342



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