Heft 5

Ekkehardt Oehmichen/Sylvia Feuerstein

Klassische Musik im Radio

ARD-E-Musikstudie 2005: Zur Unverzichtbarkeit des Radios für die Musikkultur

Welche Bedeutung hat das Radio im Vergleich zu Tonträgern und zum Konzertbesuch für die Rezeption klassischer Musik? Wer nutzt diese Zugangswege komplementär, wer nutzt aus welchen Gründen vorwiegend nur eigene Tonträger oder nur das Radio? Diese und weitere Fragen beantwortet die vorliegende Analyse von Daten aus der ARD-E-Musikstudie 2005. Mittels einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage liefert die Analyse Erkenntnisse zu den Hörerpotenzialen des Radios, zu den Strukturen des Publikums wie auch zu Funktionen, Zuwendungsformen, -motiven und -barrieren.

E-Musik im Radio verfügt über ein relativ großes Hörerpotenzial, das recht gut ausgeschöpft wird. Immerhin 19 Prozent der Bevölkerung gehören zum Weiteren Hörerkreis klassischer Musik im Radio (mindestens einmal pro Woche). Das E-Musikpublikum im Radio bilden vor allem die ab 50-Jährigen, wobei die Klassisch Kulturorientierten dominieren. Allerdings wird E-Musik im Vergleich zu Tonträgern und Konzerten seltener exklusiv genutzt. Tonträgernutzer, die das Radio zum Klassikhören meiden, sind erheblich jünger als die Vergleichsgruppe, die das Radio mit einschließt.

Typologisch betrachtet hören vor allem "Alltagshörer" und "Genießer" Klassik im Radio. Als Zuwendungsbarriere der Nutzung von E-Musik im Radio gilt der Wunsch nach zeit- und ortssouveräner E-Musiknutzung. Die Distanz hängt offensichtlich nicht mit dem konkreten Musikangebot im Radio zusammen.

Klassische Musik wird auf Tonträgern und im Konzert vor allem nachmittags und abends gehört, während die Hauptnutzungszeit von E-Musik im Radio frühmorgens, vormittags und mittags liegt. E-Musik im Radio dient vor allem der alltagsbegleitenden Unterhaltung, wobei Vorzüge des Radios Abwechslung, Überraschung und die Chance, Neues zu entdecken, sind. Gleichzeitig spielt das Radio eine große Rolle für die Vermittlung klassischer Musik als Kulturgut. Hier ist den Hörern auch die Abbildung regionaler Musikkultur wichtig, und sie halten kompetente und engagierte Moderation im Radio für einen zentralen Vorteil gegenüber Tonträgern.

Die Mehrheit der E-Musikoffenen und insbesondere die jüngere Generation akzeptiert auch angrenzende Musikrichtungen wie Jazz, Chanson und anspruchsvoller Pop in ihrem Klassiksender. Dieses erweiterte Musikkonzept gilt als zukunftsweisend.

MP 5/2006, S. 259-272



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