Heft 3

Erk Simon/Gerhard Kloppenburg

Das Fernsehpublikum türkischer Herkunft - Fernsehnutzung, Einstellungen und Programmerwartungen

Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in Nordrhein-Westfalen

Der Beitrag beschreibt die Ergebnisse einer vom WDR durchgeführten Repräsentativbefragung türkischstämmiger Zuschauer im Alter zwischen 14 und 49 Jahren in Nordrhein-Westfalen zu ihrem Umgang mit dem deutschen und dem türkischen Fernsehen. Die wichtigsten Motive für die Fernsehnutzung sind bei den jungen türkischen Migranten, ähnlich wie bei gleichaltrigen Deutschen, Information, Spaß, Spannung und Gewohnheit. Wichtiger als den Deutschen ist ihnen jedoch die Orientierungs- und Begleitfunktion des Fernsehens sowie das gemeinsame Fernseherlebnis in der Familie.

Die Befragten nutzen deutsches und türkisches Fernsehen gleichermaßen, in Bezug auf Genrepräferenzen und Meinungen zum Fernsehen gibt es jedoch Unterschiede. Während im türkischen Fernsehen vor allem Serien und Musiksendungen eingeschaltet werden, wird im deutschen Fernsehen ein breiteres Genrespektrum genutzt. Öffentlich-rechtlichen Programmen wird hohe Kompetenz bei Informationssendungen bescheinigt, die deutschen privaten Programme werden vor allem wegen ihrer Unterhaltungssendungen geschätzt. Insgesamt werden die deutschen Fernsehprogramme im Vergleich zu den türkischen als sachlicher und distanzierter, aber auch als glaubwürdiger, seriöser und objektiver in der Berichterstattung erlebt. Die Befragten wünschen sich aber im deutschen Fernsehen ein positiveres Bild von der Türkei und eine stärkere Präsenz von Moderatoren und Darstellern türkischer Herkunft.

In der Integrationsdebatte wird häufig die Teilhabe an der deutschen Kultur, insbesondere die Nutzung deutscher Medien, mit erfolgreicher Integration gleichgesetzt. Eine starke Nutzung der heimatsprachigen Medien, wie sie bei den türkischen Migranten festzustellen ist, steht dagegen eher für eine Abgrenzung und eine Verfestigung der Kultur des Herkunftslandes. Die WDR-Studie zeigt, dass diese Gleichsetzung an der Lebenswirklichkeit der jungen türkischen Migranten vorbeigeht. Für sie ist es selbstverständlich, türkische und deutsche Fernsehsender gleichermaßen zu nutzen, beide sind unverzichtbar für ihre Meinungs- und Identitätsbildung.

MP 3/2007, S. 142-152



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