Heft 2

Christina Holtz-Bacha

Von der Fernseh- zur Mediendiensterichtlinie

Die Neufassung der europäischen Fernsehregulierung

Seit 1989 stellt die so genannte Fernsehrichtlinie das Kernstück der europäischen Medienregulierung dar. 1997 erstmals überarbeitet, wurde Ende 2006 ein Vorschlag der Europäischen Kommission zur erneuten Novellierung der Richtlinie im Europäischen Parlament diskutiert. Im Verlauf des Jahres 2007 wird mit einer Verabschiedung dieser runderneuerten Richtlinie gerechnet.

Die wesentliche Neuerung im vorliegenden Vorschlag besteht in dem Wechsel von der sektorspezifischen hin zu einer "plattformneutralen" Regulierung. Dies drückt sich auch in dem neuen Titel "Mediendiensterichtlinie" aus, die künftig sowohl herkömmliches Fernsehen als auch Angebote über Internet und andere Kommunikationsinfrastrukturen regeln soll. Zukünftig sollen Mindestanforderungen für "nicht-lineare" Dienste wie zum Beispiel Video-on-Demand gelten, während weiterhin strengere Regeln an die "linearen" Dienste wie das konventionelle Fernsehen angelegt werden. In dieser abgestuften Regulierung soll sich auch das unterschiedliche Gewicht der linearen und nicht-linearen Angebote für die Medienvielfalt ausdrücken.

Weitgehend unangetastet bleiben in der neuen Richtlinie die bisherigen Vorgaben der Programmquoten für europäische Werke und für unabhängige Produktionen. Deutliche Erleichterungen wird es für die Werbung im Fernsehen geben, auch wenn sich Forderungen nach völliger Liberalisierung nicht durchsetzen konnten. Bis zuletzt umstritten war die Legalisierung der Produktplatzierung, die der Regulierung durch den nationalen Gesetzgeber überlassen bleibt. Neu eingeführt wurde ein Recht auf Kurzberichterstattung, für das ebenfalls die Mitgliedstaaten Sorge zu tragen haben. Grundstandards des Jugendschutzes und des Schutzes der Menschenwürde gelten künftig auch für nicht-lineare Dienste. Noch nicht endgültig geklärt ist die Zukunft des so genannten Sendestaatsprinzips, das einige - vor allem kleinere - Länder eher eingeschränkt sehen möchten.

Insgesamt macht die Regelung der Mediendienste auf europäischer Ebene angesichts der zunehmenden Globalisierung der Kommunikationswirtschaft Sinn. Die Ausweitung von Grundstandards auch auf nicht-lineare Dienste bedeutet einen notwendigen Schutz für die Bürger und Konsumenten. Nicht zu unterschätzen ist jedoch auch, dass die neue Mediendiensterichtlinie eine Ausweitung der EU-Kompetenzen im Medienbereich mit sich bringt sowie einer weiteren Ökonomisierung der Medien Vorschub leistet.

MP 2/2007, S. 113-122



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