Heft 4

Wolfgang Schulz

Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung

Zum Vorschlag eines dreistufigen Public-Value-Tests für neue öffentlich-rechtliche Angebote

Aus Anlass des so genannten Beihilfekompromisses zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission steht die Konkretisierung des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf der Tagesordnung, vor allem - aber nicht nur - im Hinblick auf neue Dienste (z. B. basierend auf dem Internet-Protokoll-Standard oder für mobile Anwendungen). Dabei gilt es, die staatsfreie Organisation des Rundfunks und seine Bindung an die Bedürfnisse der Gesellschaft in Einklang zu bringen. Dies könnte mittels eines Drei-Stufen-Tests erreicht werden.

Der Auftragskonkretisierung liegt ein grundsätzliches Konfliktfeld zugrunde: Die europarechtlichen Regelungen erfordern eine möglichst klare Beauftragung durch den Mitgliedsstaat, das deutsche Verfassungsrecht dagegen im Rahmen der Programmfreiheit möglichst autonome Konkretisierungen durch die Rundfunkanstalten.

Der Vorschlag eines Drei-Stufen-Tests für neue Angebote sieht drei Prüfkriterien vor: öffentlicher Auftrag, publizistischer Wettbewerb und finanzieller Aufwand. Die Rundfunkanstalten sollen transparente Kriterien für neue Angebote festlegen und dementsprechend das Verfahren anwenden. Sie behalten Entscheidungsspielraum und müssen ihre Entscheidungen begründen. Idealerweise wirken die in den Begründungsdiskursen entwickelten Qualitätsmerkmale auf die Angebotsentwicklung der Anstalten zurück; der Programmauftrag würde so zum Prozess seiner Begründung.

Konkret gilt es in der ersten Stufe des Drei-Stufen-Tests die Bedürfnisse für neue Angebote zu erfassen und zu bewerten. Die nötigen Informationen erheben die Anstalten selbst bzw. bei Bedarf unter Hinzuziehung externer Experten. In der zweiten Stufe geht es um die Bestimmung der publizistischen Wettbewerbslage. Hierzu zählt auch die Beurteilung der Auswirkungen des projektierten öffentlich-rechtlichen Angebots. Da es dabei immer auch um marktökonomische Analyse geht, ist medienökonomischer Sachverstand hier angebracht. Die Kriterien zum besonderen Public Value des geplanten neuen Angebots sind von den Sendern zu entwickeln und steuern die Entscheidung der Gremien. Die dritte Stufe des Tests sieht die Klärung der finanziellen Aufwendungen durch die Anstalten vor.

Die entwickelten Qualitätskriterien sollten so formuliert sein, dass sie evaluierbar sind. Die Evaluation könnte beispielsweise von den Anstalten selbst im Rahmen der Berichte nach § 11 Abs. 4 des Rundfunkstaatsvertrages geleistet werden.

MP 4/2008, S. 158-165



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