Heft 11

Andreas Egger/Birgit van Eimeren

Die Generation 60plus und die Medien

Zwischen traditionellen Nutzungsmustern und Teilhabe an der digitalen (R)evolution

Auch Mediennutzer im Alter von 60 Jahren und älter sind inzwischen immer häufiger an das Internet angeschlossen, wie beispielsweise die diesjährige ARD/ZDF-Onlinestudie belegt hat. Dennoch bleibt eine erhebliche „digitale Kluft“ zwischen Jüngeren und Älteren bestehen. Surfen statt fernsehen, diese Vision ist für die Generation 60plus nicht in Sicht. Während die meisten Jugendlichen bis zu ihrem 20. Lebensjahr tausende Stunden vor dem Computer verbracht und sich dadurch Fähigkeiten und Denkmuster angeeignet haben, die der älteren Generation völlig fremd sind, tun sich die Älteren wesentlich schwerer damit, neue Technologien anzunehmen. Diese Generationskluft öffnet sich bereits zwischen den unter und über 35-Jährigen, um dann mit zunehmenden Alter aufgrund einer komplett anderen Mediensozialisation immer weiter auseinanderzuklaffen.

Der Stellenwert des Fernsehens und der Tageszeitung liegt bei den ab 60-Jährigen höher als in der Gesamtbevölkerung. Das Fernsehen allein nimmt bei Älteren die Hälfte der gesamten Mediennutzung ein. Weit höhere Verbreitungsraten als das Internet verzeichnen in der Generation 60plus aber auch die nicht-tagesaktuellen Printmedien Zeitschrift und Buch. Eine ähnlich geringe Rolle wie das Internet spielen bei den Älteren auch die Video-Speichermedien (Video und DVD).

Die starke Präferenz für das Fernsehen in der Generation 60plus erklärt sich nicht allein durch den höheren Grad an frei verfügbarer Zeit oder die stärkere Ausrichtung des Alltags und der Freizeitaktivitäten auf das häusliche Umfeld. Vielmehr liegt das Fernsehen in den Köpfen des Publikums ab 60 Jahren als eindeutiges Leitmedium vor, egal, ob Informations- oder Unterhaltungswert, Glaubwürdigkeit, Anspruch, Modernität oder Sympathie beurteilt werden. Dieses Image als Allroundmedium und "Alleskönner" ist in seiner Absolutheit vergleichbar mit dem Image, das die unter 30-Jährigen dem Internet zuschreiben.

Allerdings setzt sich auch bei Teilen der älteren Generation zunehmend die Erkenntnis durch, dass bestimmte Inhalte in keinem Medium schneller, komfortabler und umfassender zu beschaffen sind als über das Internet. Bei den Älteren beginnt sich daher die Wahrnehmung der Medien zu verändern. Zu erwarten ist, dass auch die Generation 60plus künftig höhere Anforderungen an die multimediale Vernetzung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen mit zusätzlichen Optionen und Inhalten stellen und das Internet als "All-in-one-Medium" verstehen wird. Absehbar ist damit, dass auch das Medienverhalten der älteren Nutzergruppen aktiver und individualisierter werden wird.

 

MP 11/2008, S. 577-588



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