Heft 10

Matthias Gerth/Josef Trappel

Glücksritter, apokalyptische Plage oder kühle Rechner?

Was von Finanzinvestoren im Mediengeschäft zu erwarten ist

Relativ neu sind zumindest in Deutschland die Erfahrungen mit dem Einstieg von Finanzinvestoren in die Medienbranche. Vor dem Hintergrund der bedeutenden gesellschaftlichen Funktionen, die Massenmedien in einer Demokratie erfüllen sollen, stellt sich die Frage nach den Folgen ihrer Tätigkeit. Aus der Sicht der Zivilgesellschaft und der Medienpolitik ist bedeutsam, wer in Deutschland die Kontrolle in Medienunternehmen ausübt und nach welchen Kriterien die Geschäftsführung handelt. Dabei interessiert insbesondere auch die Frage nach dem Leistungsausweis und der Leistungsdifferenz von Medienhäusern, die von Finanzinvestoren geführt werden, im Vergleich mit solchen Medienhäusern, die im Besitz von strategischen Investoren sind.

Eine Studie im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten sollte die Auswirkungen und Risiken der Beteiligung von Finanzinvestoren im Medienbereich wissenschaftlich näher untersuchen. Anhand von Fallbeispielen aus dem In- und Ausland wurden unter anderem die strategischen, organisatorischen und finanziellen Aspekte der Tätigkeit von Finanzinvestoren beleuchtet. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei vor allem auch den Auswirkungen ihres Handelns auf die Publizistik der betroffenen Medien. In Deutschland standen die Unternehmen ProSiebenSat.1, Kabel Deutschland und Premiere im Mittelpunkt.

Im Ergebnis zeigt sich ein weitgehend kohärentes, aber nicht widerspruchsfreies Bild. In allen untersuchten Fällen erwies sich die Kluft zwischen der Ebene des finanziellen Engagements der Investoren und der publizistischen Redaktion als groß, das heißt, es gab kaum direkte Einflussnahmen der Finanzinvestoren auf die redaktionelle Arbeit der von ihnen kontrollierten Unternehmen. Indirekt, das heißt vor allem über Umbesetzungen im Management, Verschuldungen und Budgetumschichtungen, sind allerdings auch publizistisch relevante Eingriffe relativ häufig. Das Verhalten der Finanzinvestoren unterscheidet sich (unter anderem durch ihre kurzfristig angelegten Engagements) zwar regelhaft von jenem strategischer Investoren, erscheint aber insgesamt eher als Fortsetzung und Beschleunigung der bereits vorhandenen Tendenzen zur Kommerzialisierung der Medienmärkte generell.

MP 10/2008, S. 532-543



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