Heft 6

Dieter K. Müller

Kaufkraft kennt keine Altersgrenze

Ein kritischer Beitrag zur Werberelevanz von Alterszielgruppen

Selbst für viele Marketingexperten ist es heute kaum noch nachvollziehbar, wie die Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen als "werberelevante" Zielgruppe so stark in den Fokus der TV-Media- und Programmplanung rücken konnte. Ende der 1950er Jahre wurde eine Zielgruppe „18 bis 49“ erstmals vom US-Network ABC im Konkurrenzkampf mit CBS und NBC eingeführt. Sie entwickelte sich bis zum Beginn der 1970er Jahre von einer leicht zu durchschauenden Marketingmasche immer mehr zum Synonym der konsumfreudigen Babyboomer, der Nachkriegsgeneration, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurde und mit dem Medium Fernsehen aufgewachsen ist. Die Reichweiten in der Zielgruppe 18 bis 49 Jahre wurden quasi zur Währung der Fernsehwerbung: zur quantitativen Grundlage für Planungsentscheidungen.

Der private Fernsehsender RTL begann Anfang der 1990er Jahre diese Zielgruppe als „14 bis 49“ in Deutschland zu propagieren, um sich besser gegen ARD und ZDF zu positionieren. Im Gegensatz zu den USA allerdings beschrieb diese Zielgruppe in Deutschland von Anfang an weder eine spezifische Generation noch eine Bevölkerungsgruppe mit ähnlichem Konsumverhalten. Die Altersgruppe 14 bis 49 als werberelevant zu definieren, ist ein Anachronismus, der die Werbungtreibenden teuer zu stehen kommt: Das Lebensalter korreliert immer weniger mit dem Konsumverhalten,  die Älteren haben sich den Jüngeren angepasst. Die konsumkräftigsten Konsumenten sind heute schon zwischen 50 und 59 Jahre alt, und die Konsumenten, die heute oder morgen älter als 49 Jahre sind, weisen aktiveres und intensiveres Konsumverhalten auf als ihre Vorgänger. Schließlich ist die Altersgruppe 14 bis 49 zugunsten der Gruppe „50plus" schon geschrumpft, nach den Bevölkerungsprognosen wird sich dieser Prozess in den kommenden Jahren verschärfen.

Immer mehr Experten fordern deshalb die endgültige Abkehr von der Altersgruppe 14 bis 49 in der TV-Planung und -Abrechnung. Ebenso falsch wäre es allerdings, eine "Generation 50plus" als neue Zielgruppe für die Werbung etablieren zu wollen. Werbeinvestitionen sind nur dann effektiv, wenn sie sich an den Konsumeinstellungen der Verbraucher und ihrem tatsächlichen Konsumverhalten orientieren.

MP 6/2008, S. 291-298



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