Heft 2

Wiebke Möhring/Dieter Stürzebecher

Lokale Tagespresse: Publizistischer Wettbewerb stärkt Zeitungen

Die Entwicklung der Auflagendichte lokaler Abonnementzeitungen 1996 bis 2006

Reichweiten und Auflagen der Tagespresse in Deutschland sind seit Jahren rückläufig. Besonders betroffen sind die lokalen Abonnementzeitungen. Sind die Auflagenrückgänge quasi ein Naturgesetz oder besteht möglicherweise ein Zusammenhang zwischen der Einschränkung publizistischer Vielfalt durch Pressekonzentrationsvorgänge einerseits und dem schleichenden Bedeutungsverlust der Tagespresse andererseits? Dieser Frage geht der Beitrag nach.

Im Jahrzehnt zwischen 1996 und 2006 verlief die Auflagenentwicklung in Ost- und Westdeutschland sehr unterschiedlich. Die Auflagenverluste sind in den neuen Bundesländern mehr als doppelt so hoch wie im Westen. Um die Auflagenentwicklung im einzelnen nachzeichnen zu können, wurde in der Studie für alle Gebietskörperschaften (Landkreise, kreisfreie Städte) die Auflagendichte (verkaufte Exemplare pro 1 000 Einwohner ab 14 Jahre) im Vergleich 1996 zu 2006 ermittelt, und zwar differenziert nach lokalen Abonnementzeitungen, Boulevard- und sonstigen Zeitungen.

Es zeigt sich eine nach Zeitungstypen unterschiedliche Entwicklung in den alten und neuen Ländern. So haben die lokalen Abozeitungen in den neuen Ländern 2006 im Durchschnitt ein Drittel weniger Exemplare pro 1 000 Einwohner verkauft als 1996, Boulevardzeitungen verloren 8 Prozent, nicht örtliche sonstige Zeitungen gewannen an Auflagendichte hinzu. In den westlichen Ländern haben hingegen alle Zeitungssegmente an Auflagendichte eingebüßt, die Abozeitungen jedoch deutlich weniger (13 %), die Boulevardpresse am meisten. Darüber hinaus gibt es auf lokaler Ebene extrem unterschiedliche Auflagenentwicklungen, teilweise sogar in direkt nebeneinander liegenden Gebieten. Dies gilt auch für Westdeutschland, hier entwickelten sich einige wenige Abonnementzeitungen entgegen dem Trend und weisen Auflagenzuwächse auf.

Wie lassen sich diese gravierenden Unterschiede erklären? Eine Analyse der Auflagenentwicklung nach Wettbewerbsintensität (sechs Wettbewerbstypen) in den untersuchten Gebietskörperschaften ergab, dass Abonnementzeitungen in Wettbewerbsgebieten eine höhere Auflagendichte erzielen als in Monopolgebieten. Sie lag beispielsweise in Gebieten des Wettbewerbstyps E (mehrere konkurrierende lokale Zeitungen unterschiedlicher Verlage) 2006 in Westdeutschland um 8 Prozent über dem Wert in Monopolgebieten, in Ostdeutschland sogar um 17 Prozent. Am höchsten ist die Auflagendichte dann, wenn zusätzlich zu den Lokalzeitungen noch Straßenverkaufszeitungen unter den Wettbewerbern sind, insgesamt also eine hohe Zeitungsdichte besteht. Den Befunden zufolge stärkt publizistischer Wettbewerb also die Zeitungen.

MP 2/2008, S. 91-101



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