Heft 6

ARD-Forschungsdienst

Neuromarketing - Methoden und Befunde

Um zu verstehen, wie Konsumenten denken, entscheiden und sich verhalten, muss man die Funktionsweise des Gehirns erforschen. Mit diesem Anspruch hat sich in den letzten Jahren ein neues Forschungsgebiet entwickelt – das so genannte Neuromarketing. Grundlage dieser Forschung sind neurowissenschaftliche bzw. neurophysiologische Methoden, die sich grob in Verfahren der (Hirn-)Bildgebung und in psychophysiologische Verfahren unterscheiden lassen. In Kombination mit dem Wissen über die spezifischen Funktionen der verschiedenen Bereiche des menschlichen Gehirns können für die Konsumentenforschung relevante Aussagen über mentale Prozesse (z.B. die Aktivierung von Emotionen durch werbliche Kommunikation) getroffen werden.

So aktivieren zum Beispiel attraktive Verpackungen von Produkten im Vergleich zu unattraktiven Verpackungen das Belohnungszentrum der Konsumenten und können gleichzeitig positive Emotionen auslösen. Auch lassen sich Erkenntnisse über die Bedeutung von Prominenten in der Werbung gewinnen. Aktivierungsänderungen in spezifischen Hirnregionen legen die Vermutung nahe, dass während der Phase der Enkodierung von Produktinformation gleichzeitig positive Kognitionen über Prominente verarbeitet werden und außerdem die wahrgenommene Expertise des Prominenten die Überzeugungswirkung erhöht, indem Vertrauen geschaffen wird.

Da die Kosten für den Einsatz von Magnetresonanztomographen beträchtlich sind, werden alternative Methoden eingesetzt. Hier bietet sich die „Computational neuroscience“ an, bei der Untersuchungen ganz ohne Probanden möglich sind. Neuronale Prozesse werden mit Hilfe von Computermodellen simuliert. Beispielsweise sind Vorhersagen über visuelle Aufmerksamkeitsverläufe möglich. Eine andere Methode, die so genannte Steady-state topography, basiert auf der Messung von Hirnströmen und lässt unter anderem empirisch begründete Aussagen darüber zu, wann welche Informationen (z.B. aus Werbespots) wahrgenommen und ins Langzeitgedächtnis transferiert werden. Im Übrigen hinterlässt Fernsehwerbung auch dann Spuren, wenn die Konsumenten versuchen, sie durch schnellen Vorlauf („Fast forwarding“) zu vermeiden.

MP 6/2010, S. 326-330



Zurück zur Übersicht