Heft 9

Thilo von Pape/Thorsten Quandt

Wen erreicht der Wahlkampf 2.0?

Eine Repräsentativstudie zum Informationsverhalten im Bundestagswahlkampf 2009

Die vorliegende Repräsentativstudie zur Bundestagswahl 2009 belegt, dass das Internet als eine Informationsquelle im Wahlkampf inzwischen einen festen Platz hat. In mancherlei Hinsicht hat es bereits zum traditionellen Massenmedium Tageszeitung aufgeschlossen. Das Leitmedium bleibt aber immer noch -- und mit deutlichem Abstand -- das Fernsehen. Zudem ist das Netz nicht für alle gesellschaftlichen Gruppen gleich relevant, es ist vor allem bei den jungen und jüngsten Gruppen beliebt. Ältere Nutzer sind auch weiterhin nicht oder kaum vom Internet zu erreichen -- hier unterscheiden sich die deutschen Befragten von jenen in den USA. Dort scheinen inzwischen auch ältere Personen stärker auf das Netz als Quelle für Informationen zur Wahl zurückzugreifen.

Insgesamt hat das Internet im Bundestagswahlkampf 2009 zwar für knapp die Hälfte der Bevölkerung (46,8 %) einen Zugang zu Information über die Wahl geschaffen, aber nur relativ wenige (12,7 %) nutzten es als ihre Hauptquelle für Wahlkampfinformationen. Während von den ab 65-jährigen Onlinern in Deutschland nur 32 Prozent das Internet zur Information nutzten, waren es von der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen 71 Prozent. Bei den 18- bis 24-jährigen Onlinern hat das Internet bereits die Zeitung als Quelle für Wahlkampfinformationen überholt. Das Netz rangiert in dieser Altersgruppe auf dem zweiten Platz der Medien und wird nur vom Fernsehen geschlagen. Personen mit hoher formaler Bildung nutzten das Internet intensiver zur politischen Information: 50 Prozent dieser Befragten haben das Netz als Quelle der Wahlkampfinformation genutzt. Bei den Personen mit niedriger formaler Bildung waren es lediglich 36 Prozent.

Die intensiv diskutierten Web-2.0-Angebote spielten im bundesdeutschen Wahlkampf 2009 kaum eine Rolle. Nur wenige Prozent der Nutzer griffen auf sie zurück, und dann meistenteils nicht aktiv-partizipierend, sondern als passive Beobachter. Der Weg zu einer netzbasierten Beteiligungsdemokratie, wie sie im Zusammenhang mit dem amerikanischen Internetwahlkampf schon euphorisch beschworen wurde, ist daher noch weit: Nur einzelne Befragte gehören zu den aktiven „Netizens“. Auf Basis der vorgestellten Befragungsdaten zur Bundestagswahl 2009 muss man aus Nutzersicht ein klares Fazit ziehen: Der prognostizierte Wahlkampf 2.0 ist auch dieses Mal ausgeblieben.

 

MP 9/2010, S. 390-398



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