Heft 2

Runar Woldt

Öffentlich-rechtliche Onlineangebote: Keine Gefahr für den Wettbewerb

Erkenntnisse aus den Marktgutachten im Rahmen der Drei-Stufen-Tests

Die Drei-Stufen-Tests für öffentlich-rechtliche Telemedien haben ihren Hintergrund unter anderem in Beschwerden von privaten Medienunternehmen bei der Europäischen Kommission über angebliche Wettbewerbsverzerrrungen durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Der Gesetzgeber bestimmte im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dass in den Verfahren zum Drei-Stufen-Test Gutachten zu den marktlichen Auswirkungen öffentlich-rechtlicher Telemedien erstellt werden müssen. Die zuständigen Gremien haben die Ergebnisse dieser Marktgutachten in ihren Abwägungsentscheidungen mit zu berücksichtigen. Die Marktgutachten sind daher ein wichtiger, wenn auch nicht entscheidender Teil der Drei-Stufen-Tests.

Bis Ende August 2010 wurden insgesamt 41 Verfahren zum Drei-Stufen-Test durchgeführt. Bis auf vier Fälle handelte es sich ausschließlich um Verfahren zu bestehenden Angeboten von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Die von den Gremien in Auftrag gegebenen Marktgutachten enthielten im Wesentlichen vier Teile: eine Abgrenzung des relevanten ökonomischen Marktes für das zu prüfende öffentlich-rechtliche Telemedienangebot, eine Darstellung des publizistischen Markts, eine Markt- und Wettbewerbsanalyse mit dem zu prüfenden Angebot (statische Analyse) sowie eine Analyse ohne das Angebot (dynamische Analyse). Die im Rahmen der Gutachten gesammelten Daten stellen einen wichtigen Informationspool zur Situation in den Märkten der neuen Medien dar.

Trotz teilweise unterschiedlicher methodischer Vorgehensweise zeichnen die Gutachten insgesamt ein relativ homogenes Bild der Position öffentlich-rechtlicher Telemedien im Wettbewerb: Die Onlineangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio leisten einen signifikanten Beitrag zum publizistischen Wettbewerb, sie nehmen jedoch in keinem Fall eine so dominante Position ein, dass kommerzielle Wettbewerber am Markteintritt gehindert oder vom Markt gedrängt würden. Nutzerbefragungen haben unter anderem ergeben, dass bei einem Marktaustritt einzelner öffentlich-rechtlicher Telemedien ein großer Teil der Nutzer zu anderen öffentlich-rechtlichen Angeboten wechseln würde. Insgesamt wird das Erlöspotenzial, das den privaten Anbietern durch öffentlich-rechtliche Telemedien entgeht, als gering angesehen. Die Dynamik in den betrachteten Märkten wird außerdem als hoch eingeschätzt. Die Gutachten liefern daher keinen Beleg für eine wettbewerbsverzerrende oder -behindernde Wirkung öffentlich-rechtlicher Onlineangebote.

MP 2/2011, S. 66-79



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