Heft 4

Udo Michael Krüger

Profile und Funktionen deutscher Fernsehprogramme

Programmanalyse 2010 - Teil 1: Sparten und Formen

Die Programmanalyse für das Jahr 2010 belegt erneut die unterschiedlichen Profile der großen Fernsehsender in Deutschland.  Die Spartenprofile zeigen, dass die Informationsangebote bei ARD (40 %) und ZDF (48 %) den Schwerpunkt der öffentlich-rechtlichen Programmprofile ausmachen, während RTL (23 %), Sat.1 (17 %) und ProSieben (11 %) ihnen einen deutlich geringeren Stellenwert beimessen. Im Jahresvergleich zeigten sich bei ARD und ZDF die geringsten Veränderungen; sie beschränkten sich im Wesentlichen auf den Verdrängungseffekt, den der Sport in Jahren mit besonderen Ereignissen (Fußball-WM, Olympische Spiele) bei anderen Sparten verursacht. Deutlicher fielen die Veränderungen bei den Privatsendern aus: RTL weitete  das nonfiktionale Unterhaltungsangebot aus, ProSieben erhöhte sein Fictionangebot und kürzte dafür das Informationsangebot.

In allen konventionellen journalistischen Formen - Nachrichten, Magazine, Reportagen und Dokumentationen - haben ARD und ZDF ein umfangreicheres und vielfältigeres Angebot. Bei Sat.1 und noch stärker bei RTL bestimmen die Sendungsformen des Factual Entertainment - Doku-Soaps und Doku-Inszenierungen, die der Sparte nonfiktionale Unterhaltung zugeordnet werden - das Programmprofil. Politisch und gesellschaftlich relevante Themen kommen hauptsächlich von ARD und ZDF, denn vor allem sie bieten die dafür geeigneten redaktionellen Sendungsformen in größerem Umfang an, während die privaten Sender Themen des Alltags und Privatlebens sowie der Glamourwelt des Showbiz bevorzugen, die in den seriellen Realityformaten sowie den boulevardnahen Magazinen verwirklicht werden.

Beim Fictionangebot überwiegen insgesamt gesehen die leichten Unterhaltungsgenres gegenüber den spannungsbetonten Genres. Anspruchsvolle Fictiongenres werden nur in marginalem Umfang angeboten. In der Fictionunterhaltung sowie in den konventionellen Formaten der nonfiktionalen Unterhaltung liegen am ehesten die Gemeinsamkeiten der Sender. Bei ARD und ZDF, aber auch bei RTL und Sat.1, stammt der überwiegende Teil des Fictionangebots aus deutscher Produktion oder deutscher Koproduktion mit anderen Ländern. ProSieben erfüllt dagegen erneut die Anforderung der EU-Fernsehrichtlinie im Hinblick auf europäische Produktionen nicht.

MP 4/2011, S. 204-224



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