Heft 2

Bärbel Peters/Kerstin Niederauer-Kopf/Matthias Eckert

Die individualisierte Fernsehnutzung

Analysen zur Verweildauer und zum Relevant Set

Die Fernsehzuschauer in Deutschland können aus einem immer umfangreicheren Programmangebot auswählen. Trotz der massiven Ausweitung des Senderangebots sind es seit Beginn der 1990er Jahre die vier großen nationalen Programme Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1 sowie die Dritten Programme der ARD, die den Markt anführen. Ihre Marktanteile sind aber stagnierend oder abnehmend. Anfang der 1990er Jahre erreichten die Topsender vereinzelt noch Marktanteile von bis zu 30 Prozent; im Jahr 2011 war RTL mit 14,1 Prozent der meistgesehene Sender in Deutschland.

Auffällig ist bei der längerfristigen Betrachtung der Fernsehnutzung außerdem, dass die großen Sender zwar an Tagesreichweite verlieren, gleichzeitig jedoch die Verweildauer zunimmt: Die Sender haben weniger Zuschauer, diese Zuschauer sehen aber „ihre“ Programme immer länger. Dies weist auf eine grundlegende Veränderung bei der Fernsehnutzung hin. Die Nutzung der Sender scheint immer individueller, aber im Gegenzug auch auf das einzelne Angebot hin intensiver zu werden.

Die vorliegende Analyse befasst sich mit diesem Trend zur Individualisierung der Fernsehnutzung und stützt sich dabei auf eine Sonderauswertung von Nutzungsdaten aus dem AGF/GfK-Fernsehpanel. Zentrales Ergebnis ist, dass im Mai 2011 die Fernsehzuschauer in Deutschland durchschnittlich über ein Relevant Set von rund fünf Sendern verfügten, die zusammen 80 Prozent der jeweiligen individuellen Fernsehnutzung erklären. Die Anzahl täglich genutzter Sender nimmt seit 2008 kontinuierlich ab. 2008 wurden im Schnitt 6,1 Sender pro Tag mindestens eine Minute am Stück gesehen, 2011 lag dieser Wert bei 5,3 Sendern. Bei 80 Prozent der Zuschauer befinden sich öffentlich-rechtliche Sender im Relevant Set, bei 62 Prozent der Fernsehzuschauer ist Das Erste enthalten.

Dennoch zeigt sich eine große Vielfalt persönlicher Senderportfolios. Bei Betrachtung allein der drei individuell am häufigsten genutzten Sender wurden im Mai 2011  247 unterschiedliche Senderkombinationen in den Relevant Sets ermittelt. Die 20 häufigsten Konstellationen decken lediglich 42 Prozent der vorhandenen Kombinationen ab. Dies verdeutlicht, wie individuell die Relevant Sets inzwischen ausgestaltet sind.

 

MP 2/2012, S. 72-77



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