Heft 1

Christoph Neuberger

Journalismus im Internet aus Nutzersicht

Ergebnisse einer Onlinebefragung

Rezipienten haben durchaus klare Vorstellungen vom Journalismus. Aufgefordert, Angebote und Formate im Internet nach diesen Vorstellungen zu beurteilen, zeigt sich ein eindeutiges Ergebnis: Die Websites der Presse und des Rundfunks erfüllten fast alle Erwartungen in sehr hohem Maße. Dies sind Ergebnisse einer Studie zu Identität und Qualität des Journalismus im Internet aus Nutzersicht.

Mittels einer Onlinebefragung wurde zunächst ermittelt, was Rezipienten, deren Vorstellungen von Journalismus bisher nur wenig erforscht sind, unter (gutem) Journalismus verstehen. Anschließend wurden die Befragten um eine Beurteilung konkreter Internetangebote gebeten. Glaubwürdigkeit, Sachlichkeit, Unabhängigkeit und Themenkompetenz waren die  wichtigsten Anforderungen. Jugendliche zeigten geringere Ansprüche an den Journalismus. Die Befragten waren skeptisch, dass ungeschulte Kommunikatoren gleiche Leistungen wie der professionelle Journalismus erbringen oder sie diesen gar ersetzen könnten. Zwei Drittel von ihnen waren der Auffassung, dass auch im Internet Berufsjournalisten unersetzlich sind, weil nur sie über die notwendigen Kompetenzen verfügen.

Welche Angebote und Formate im Internet rechneten die Befragten nun dem Journalismus zu? Als journalistisch wurden die Onlineangebote von Presse, Fernsehen und Radio sowie Nachrichtenportale und -suchmaschinen eingestuft, während Social Media eher als journalismusfern eingeschätzt wurden. Vielnutzer von Social Media und Tageszeitungen neigten eher dazu, auch hier von Journalismus auszugehen.

Bei den Nutzungsmotiven zeigte sich: Presse und Rundfunk wurden auch im Internet auf ihre Rolle als Gatekeeper und Agendasetter festgelegt. Bei der aktiven Informationssuche und zufälligen Informationsaufnahme wurden jedoch andere Angebote bevorzugt. Social Media haben ihre Stärken bei interaktiven Gratifikationen (Diskussionen, Beziehungspflege).

Für den Journalismus lässt sich bilanzieren, dass er seine bisherigen Stärken erfolgreich auf das Internet übertragen konnte. Er sollte seine traditionellen Rollen als Gatekeeper und Agendasetter beibehalten und hochwertigen Content produzieren. Weitere Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Journalismus zusätzlich als Navigator und Moderator neue Vermittlungsleistungen im Internet erbringen sollte.
  
 

MP 1/2012, S. 40-55



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