Heft 4

Udo Michael Krüger

Profile deutscher Fernsehprogramme - Tendenzen der Angebotsentwicklung

Programmanalyse 2011 - Teil 1: Sparten und Formen

Die Programmanalyse für das Jahr 2011 bestätigt die unterschiedlichen Profile der wichtigsten öffentlich-rechtlichen und privaten Sender des deutschen Fernsehens. Die führende Rolle der öffentlich-rechtlichen Hauptprogramme als Informationsanbieter basiert dabei wesentlich auf dem Angebot klassischer Sendungsformen der Berichterstattung und Meinungsvermittlung. So wird von ARD und ZDF deutlich mehr Sendezeit für Nachrichten, Magazine, Reportagen und Dokumentationen sowie Gesprächssendungen aufgewendet als bei RTL, Sat.1 und ProSieben. Bei den Privatsendern erhalten stattdessen Doku-Inszenierungen und Doku-Soaps mehr Sendezeit. Für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Zeitgeschichte wurde von ARD (18,7 %) und ZDF (19,1 %) knapp ein Fünftel der Gesamtsendezeit aufgewendet. In diesem relevanten Themenbereich hatten die privaten Sender auch 2011 nur vergleichsweise wenig beizutragen.

Veränderungen im Angebot gab es im Vergleich der letzten drei Jahre stärker bei den Privaten als bei ARD und ZDF. RTL weitete die nonfiktionalen Unterhaltungsangebote durch Reality-Formate hauptsächlich zulasten der Fiction aus, ProSieben reduzierte dagegen sowohl Information als auch nonfiktionale Unterhaltung zugunsten der Fiction, die inzwischen über 50 Prozent des Programms ausmacht.

Die öffentlich-rechtlichen Hauptprogramme bestritten 2011 über zwei Drittel ihres Fictionangebots mit Filmen und Serien aus deutscher Produktion und deutscher Koproduktion mit anderen Ländern. Unter den privaten Sendern entsprachen nur RTL und Sat.1 mit der Hälfte ihres Fictionangebots der in der EU-Richtlinie geforderten nationalen Mindestquote. Bei ProSieben bestand das Fictionangebot zu 87 Prozent aus US-Produktionen.

Die Funktionsteilung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Sektor bleibt unverändert bestehen. Inwieweit sich Programminnovationen wie das Factual Entertainment im Unterhaltungsbereich weiter durchsetzen, bleibt angesichts auch gegenläufiger Tendenzen zur Verstärkung der Fictionangebote offen. Größere Auswirkungen der sich verändernden Rahmenbedingungen (Digitalisierung, Verschmelzung von AV-Medien und Online) zeichnen sich bislang in den Programmangeboten der großen Fernsehsender noch nicht ab.

 

MP 4/2012, S. 215-236



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