Heft 2

Bernhard Engel/Stefanie Best

Stream, Audio und Page - die Rezeptionsformen in der konvergenten Medienwelt

Analysen auf Basis der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation

Die Entwicklung der Medien wird wesentlich geprägt durch zwei parallel laufende Trends: Konvergenz und Fragmentierung. Am offensichtlichsten wird dies im multifunktionalen Medium Internet, welches zugleich Contentplattform und Verbreitungsplattform ist. Zeitbudgeterhebungen zur Mediennutzung tragen dieser Entwicklung Rechnung, indem sie die Dimensionen der Verbreitungsplattformen mit denen der Contentplattformen „kreuzen“ und teilweise zusätzlich den Aspekt der ortsgebundenen bzw. mobilen Nutzung zur Differenzierung der Mediennutzung aufnehmen. Ein Effekt dieser methodisch sinnvollen Vorgehensweise ist jedoch, dass  immer mehr Facetten der Mediennutzung beschrieben werden, diese aber gleichzeitig quantitativ irrelevant bzw. statistisch insignifikant erscheinen, obwohl sich die Summe der Mediennutzung insgesamt auf sehr hohem Niveau befindet.

Die vorliegende Analyse versucht dieses Dilemma zu überwinden, indem sie die unterschiedlichen Facetten der fragmentierten Mediennutzung auf sinnliche Wahrnehmungskategorien -- Sehen, Hören, Lesen -- zusammenführt. Um den plattformübergreifenden Charakter dieser Kategorien zu verdeutlichen, werden sie unter den griffigen Bezeichnungen Stream, Audio und Page zusammengefasst. Die Datengrundlage der Analyse bildet die Langzeitstudie Massenkommunikation.

Die Ergebnisse zeigen, dass die „Datenautobahn Internet“ neben einem verstärkten intermedialen Wettbewerb auch zu verstärkter Konkurrenz mit anderen Zeitbudgets führt. Die so genannte TIME-Industrie, also Telekommunikation, Informationstechnik, Medien und Entertainment, etabliert sich als eigener Markt mit dynamischem Wachstum. Die Tagesverlaufsanalysen zur Nutzung von Stream, Audio und Page untermauern den Befund einer ausgleichenden Substitutionsbeziehung zwischen klassischen Medien und Internet. Bei Stream und Audio dominierten auch im Jahr 2010 jeweils die Leitmedien Fernsehen und Radio im gesamten Tagesablauf -- bei Stream noch ausgeprägter als bei Audio. Für Page deutet sich eine Umorganisation im Tagesverlauf an, bei der das Lesen von Nachrichten im Internet eine relevante Rolle als Zwischendurchinformator zu jeder Tageszeit übernimmt.

Konvergenz ist nicht auf die Konvergenz der Medien beschränkt: Medien, Kommunikation und Entertainment liegen im Internet nahe zusammen. Zumindest im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends gehörten die Medien insgesamt gegenüber anderen Zeitverwendungsmöglichkeiten nicht zu den Gewinnern. Der methodische Ansatz, entsprechende Entwicklungen zu verfolgen, bleiben langfristig angelegte, repräsentative Zeitbudgeterhebungen wie die Studie Massenkommunikation.

 

 

 

 

MP 2/2012, S. 62-71



Zurück zur Übersicht