Heft 10

Christina Schumann

Die Qualität von Computerspielen aus Nutzersicht

Ergebnisse einer Spielerbefragung

Computerspielen wird oftmals ein negatives Wirkungspotenzial zugeschrieben, zum Beispiel erhöhte Gewaltbereitschaft. In einer wissenschaftlich-normativen Debatte sollten daher Qualitätskriterien herausgearbeitet werden, durch die diese vermuteten negativen Wirkungen abgemindert und bestenfalls sogar positive Wirkungen erzielt werden können. In einer Spielerbefragung wurden zum einen die Qualitätserwartungen von Computerspielern ermittelt, das heißt, es wurde nach den Erwartungen an ein ideales Computerspiel gefragt. Zum anderen wurden die Qualitätswahrnehmungen ermittelt, also danach gefragt, wie die Qualität bestimmter, auf dem Markt erhältlicher Computerspiele von den Spielern beurteilt wird. Untersucht wurden Ego-Shooter-Spiele (gut 2 000 Befragte) und Rollenspiele (gut 3 000 Befragte).
Es zeigte sich, dass Spieler die Qualität von Computerspielen anhand von vielfältigen Kriterien bewerten. Vier Dimensionen erwiesen sich als besonders relevant: ein stimmiger und atmosphärischer Weltenentwurf, lebensechte Spielfiguren (Non-Player-Characters, NPCs), ein hoher technologischer Standard sowie intelligente, herausfordernde Gegner und Aufgaben. Im direkten Vergleich mit den Wahrnehmungen von aktuellen Spielen auf dem Markt traten Diskrepanzen zum Ideal insbesondere bei den lebensechten NPCs auf: Die vom Spiel gesteuerten Figuren waren den Spielern noch zu künstlich bzw. „leblos“. Bei der Prüfung der Zusammenhänge zwischen den Qualitätsdimensionen und einer guten Gesamtbewertung eines Spiels zeigte die Wahrnehmung von lebensechten Spielfiguren stark positive Zusammenhänge bei allen Spielen.

Insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob sich spielerzentrierte Qualitätskriterien in einen normativen Diskurs über die Qualität von Computerspielen überführen lassen, erscheint die Dimension der NPCs vielversprechend. „Spiel-Bewohner“, die nach realweltlichen Maßstäben agieren – die man also auch verärgern oder beleidigen kann – können dem Spieler ein Gefühl von richtig oder falsch bzw. auch der Tragweite bestimmter Verhaltensweisen vermitteln. Spiele mit lebensechten NPCs können somit möglicherweise dabei helfen, soziale Kompetenzen zu erwerben.

MP 10/2013, S. 493-503



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