Heft 4

Wolfgang Darschin/Susanne Kayser

Tendenzen im Zuschauerverhalten

Fernsehgewohnheiten und Programmbewertungen im Jahr 2000

Auch wenn im Jahr 2000 durchschnittlich fünf Minuten länger ferngesehen wurde als 1999, kann die Fernsehnutzung in den letzten Jahren insgesamt als stabil bezeichnet werden. So zeigten sich auch im vergangenen Jahr erneut die bekannten Unterschiede im Fernsehverhalten der west- und ostdeutschen Bürger, und auch die verschiedenen Nutzungsschwerpunkte öffentlich-rechtlicher und privater Programme blieben bestehen.

In Ostdeutschland wurde durchschnittlich 25 Minuten länger ferngesehen als im Westen. Nur bei den 20- bis 29-jährigen Ostdeutschen hat sich eine starke Veränderung ergeben: Sie nutzten das Fernsehen sogar vier Minuten weniger als die gleichaltrigen Westdeutschen. Das Sehbeteiligungsverhältnis hat sich im vergangenen Jahr leicht zugunsten der öffentlich-rechtlichen und der kleinen Privatsender verschoben. Rang 1 als meistgesehene Programme teilten sich im Bundesgebiet mit einem Marktanteil von jeweils 14,3 Prozent Das Erste und RTL, gefolgt vom ZDF und den (addierten) acht Dritten Programmen. Zusammengerechnet liegen letztere in den ostdeutschen Ländern nach RTL auf Rang 2 der Publikumsgunst.

Während bei den Privatsendern Fiction die größten Anteile am Fernsehkonsum hat (je nach Sender 33 % bis 61 %), ist für die Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Programme Information am wichtigsten (36 % bis 58 %), Fiction erzielt bei ihnen Nutzungsanteile von 23 bis 33 Prozent. Information spielt bei den Privatsendern mit Nutzungsanteilen zwischen 16 und 22 Prozent unverändert eine relativ geringe Rolle. Insgesamt fallen wie im Vorjahr 60 Prozent des Unterhaltungs- und Fictionkonsums auf Privatsender. Dagegen decken die Zuschauer ihren Informationsbedarf zu mehr als zwei Dritteln aus öffentlich-rechtlichen Programmen.

Diesen unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten entsprechen auch die Images der Sender. Öffentlich-rechtliche Programme gelten als seriös, glaubwürdig und anspruchsvoll, ihre tagesaktuelle Berichterstattung und ihre Professionalität werden geschätzt. Dagegen wird die Informationskompetenz der Privatsender deutlich geringer bewertet, sie erscheinen kompetenter in Sachen Entspannung, Spaß und gute Laune. Bei der Unverzichtbarkeitsfrage führte 2000 das Erste deutlicher als im Vorjahr vor RTL, und es rangiert auch bei der Frage nach dem Lieblingssender an erster Stelle. Die Senderpräferenz steht in deutlichem Zusammenhang mit dem politischen Interesse: Je unpolitischer die Befragten sich einschätzten, desto stärker tendierten sie zu privaten Sendern, gleichgültig, ob sie nach der Unentbehrlichkeit eines Programms oder nach dem Lieblingssender gefragt wurden.

MP 4/2001, S. 162-175



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