Heft 12

Udo Michael Krüger

Fernsehnachrichten: Auslandsberichterstattung nimmt zu

Auslandsberichterstattung in den Nachrichtensendungen von ARD, ZDF, RTL und Sat.1

In den Nachrichtensendungen der vier großen deutschen Fernsehsender hat in den letzten Jahren der Umfang der Auslandsberichterstattung zugenommen. Zu dieser Entwicklung beigetragen haben vor allem Krisen und Konflikte in- und außerhalb Europas, global agierender Terrorismus, internationale Verflechtungen in Politik und Wirtschaft, Migration und Flucht aus Krisenländern. Die vorliegende Sonderauswertung des InfoMonitors geht der Frage nach, wie sich Angebotsumfang, Themenprofile und Themenkarrieren sowie die Präsenz von Ländern und Politikern in der Auslandsberichterstattung entwickelt haben und welche Unterschiede sich dabei zwischen Sendungen und Sendern zeigten.

Der Anteil der Auslandsberichterstattung an den Fernsehnachrichten stieg zwischen 2012 und August 2015 insgesamt von 53 auf 59 Prozent der Sendedauer. Den höchsten Anteil erreichen „heutejournal“ (61 %) und „Tagesschau“ (60 %) vor „Tagesthemen“, „heute“ (je 58 %), „RTL aktuell“ (53 %) und „Sat.1 Nachrichten“ (45 %). Die Auslandsberichterstattung ist in den öffentlich-rechtlichen Sendungen durchgehend umfangreicher als bei den Privaten. Teilweise setzt sie auch früher ein und erfasst damit Entwicklungen eher. Die Hauptnachrichten von ARD und ZDF sind stärker durch politische Anlässe gekennzeichnet, während die privaten Nachrichten den nichtpolitischen Anlässen mehr Gewicht geben als die öffentlich-rechtlichen.

Unterschiedliche Präferenzen und Gewichtungen bei den Nachrichtenredaktionen werden bei den Topthemen deutlich. Vor allem im mittleren und unteren Bereich der Ranglisten, den Themen aus der „zweiten Reihe“, erscheinen bei den öffentlichrechtlichen Hauptnachrichten regelmäßig auch Themen aus dem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben anderer Länder. In den privaten Nachrichten besteht dagegen eine stärkere Neigung zur Berichterstattung über Ereignisse aus den Bereichen Human Interest, Kriminalität und Sport im Ausland.

Die Themenkarrieren (z. B. Syrienkonflikt, Ukrainekonflikt, Griechenlandkrise, Flüchtlingskrise) zeigen bei allen sechs untersuchten Sendungen ähnliche Verläufe und Spitzen in der Berichterstattung. Die Länderpräsenz belegt die Bedeutung der Faktoren Nähe und Relevanz für die Auswahl von Nachrichten. Die nördliche Hemisphäre ist deutlich stärker in den Fernsehnachrichten vertreten als der südliche Teil. Von 184 erfassten Ländern teilen sich 30 Länder 83 Prozent aller Auftritte. Die umfangreichere und thematisch breitere Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten macht sich durch erheblich eine zahlreichere und vielfältigere Präsenz ausländischer Politiker bemerkbar. Die höchste Präsenz erreichten US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Wladimir Putin.

Die vorliegende Sonderanalyse des InfoMonitors illustriert die zunehmende Einbeziehung Deutschlands in internationale Krisen und Konflikte, auch über die Grenzen der EU hinaus. Die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF liegen bei den Themen von politischer und gesellschaftlicher Relevanz sowohl in Umfang als auch Breite der Berichterstattung deutlich vor denen der Privatsender.

MP 12/2015, S. 573-601



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