Heft 2

Udo Michael Krüger/Thomas Zapf-Schramm

InfoMonitor 2015: Europa und Deutschland rücken ins Zentrum globaler Krisen

Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL und Sat.1

Der Flüchtlingszustrom nach Europa und Deutschland ließ im Jahr 2015 die Flüchtlingskrise zum Topthema des Jahres werden und verwies Griechenlands Schuldenkrise, den Ukrainekonflikt und auch den Syrienkonflikt auf nachrangige Plätze. Dies ist eines der Ergebnisse der regelmäßigen Auswertung der sechs wichtigsten Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen. Der vorliegende
Jahresbericht basiert auf den monatlichen InfoMonitor-Berichten, die auf www.ifem.de veröffentlicht werden. Die unterschiedlichen Präferenzen bei der Nachrichtenauswahl und -gewichtung zeigten sich in den Themenstrukturen der Sendungen. ARD/Das Erste und ZDF gaben der deutschen und insbesondere der internationalen Politikberichterstattung erheblich mehr Gewicht als RTL und Sat.1. Die privaten Nachrichtensendungen berichteten weniger ausgiebig über Politik und verwendeten stattdessen mehr Sendezeit für Alltagsthemen, Human Interest, Unfälle/Katastrophen und Kriminalität.

Im Bereich internationaler Politik entfiel die meiste Sendezeit auf den Themenkomplex Krieg/Bürgerkrieg/ Terrorismus. Dieser Komplex repräsentierte auch zu einem Teil die Ursachen für die Flüchtlingskrise, von der Europa und Deutschland inzwischen unmittelbar betroffen sind. Ebenso zeigten sich Auswirkungen der Ereignisse auf die Politikerpräsenz in den Nachrichten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte wesentlich mehr Auftritte als im Vorjahr. Wie stark die Auftrittschancen von der Ereignislage abhängen, zeigte sich auch bei den Auslandspolitikern: 2015 verwies der griechische Ministerpräsident Tsipras den russischen Präsidenten Putin und US-Präsident Obama auf nachfolgende Plätze in der Rangliste nach Auftrittshäufigkeit. In allen untersuchten Sendungen zeigt sich eine dominante Präsenz der Parteien der Großen Koalition. Zusammen repräsentierten die Politiker aus CDU, CSU und SPD auf Bundes- und Landesebene mehr als drei Viertel der Parteienpräsenz in den Fernsehnachrichten und übertrafen damit die beiden Oppositionsparteien, Bündnis 90/Grüne und Die
Linke, um mehr als das Fünffache. Im Sendungsvergleich erwies sich einmal mehr, dass kleinere Parteien größere Auftrittschancen in  den öffentlich-rechtlichen Sendungen haben als in den privaten.

MP 2/2016, S. 70-97



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