Heft 5

Angela Rühle

Öffentlich-rechtliche und private Fernsehprogramme im Urteil der Zuschauer

Ergebnisse der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation

Für die Fernsehzuschauer liegen zwischen öffentlich- rechtlichen und privaten Fernsehprogrammen nach wie vor Welten. Nach den Ergebnissen der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation werden beide Systeme als völlig unterschiedlich und mit jeweils spezifischen Leistungen wahrgenommen. Dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen werden vor allem kognitive, das heißt informationsrelevante bzw. journalistische Qualitäten zugeschrieben. Es wird von den Zuschauern als sachlich, kompetent, glaubwürdig und anspruchsvoll wahrgenommen, während Unterhaltungsgehalt und Modernität als Stärken privater Sender gesehen werden. Dementsprechend werden öffentlich- rechtliche Programme von einer großen Mehrheit eingeschaltet, um sich zu informieren, Denkanstöße zu bekommen oder Nützliches für den Alltag zu erfahren. Private Fernsehsender erfüllen in erster Linie eskapistische Funktionen, wie etwa Spaß zu haben oder entspannen zu können.

Die Wertschätzung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im Hinblick auf seine informationsrelevanten und gesellschaftlichen Funktionen wird auch von Personengruppen geteilt, die dem System sonst eher etwas distanzierter gegenüberstehen. Auch junge Zuschauer und Personen, die angeben, private Sender zu bevorzugen, würden auf öffentlich-rechtliche Programmangebote zurückgreifen, wenn sie sich informieren wollen. Angesichts einer zunehmend multimedialen Ausdifferenzierung des tagesaktuellen Medienangebots nimmt nach Meinung der Zuschauer die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens seit Beginn des Jahrtausends deutlich zu. Spätestens seit 2005 sprechen immer mehr Menschen dem öffentlich- rechtlichen Fernsehen informationsrelevante Kompetenzen zu, aber auch die Anmutung und der Unterhaltungswert öffentlich-rechtlicher Programme sprechen zunehmend mehr Zuschauer an. Die Bewertungsschere zwischen dem Angebot öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehprogramme schließt sich im Hinblick auf eskapistische Funktionen etwas, öffnet sich aber bezüglich der ihnen zugeschriebenen Informationskompetenz weiter.


MP 5/2016, S. 286-302



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