Heft 11

Mathias König/Wolfgang König

Potenziale von Twitter für Social TV

Fallstudie zu parallelen Nutzeraktivitäten bei Fernsehsendungen
am Beispiel von ARD-"Tatort" und RTL-"Dschungelcamp" sowie politischen Themen

Social TV, das Nutzen sozialer Netzwerke während, vor oder nach dem Anschauen einer Fernsehsendung, fügt dem klassischen Rezeptionserlebnis einen zusätzlichen sozialen Kommunikationskanal hinzu. Fernsehschaffende (Content-Produzenten) erhoffen sich davon einen Mehrwert für die Attraktivität ihrer Angebote, insbesondere bei jüngeren Zielgruppen. Twitter ist dabei ein möglicher Kommunikationskanal, dessen Relevanz in der Fachliteratur allerdings umstritten ist.

Es stellt sich die Frage, wie erfolgreich Social Tweets im Rahmen einer Fernsehsendung sind, welches die zentralen Akteure sind und wie sich Kommentare im Kontext verschiedener TV-Formate unterscheiden. Anhand einer beispielhaften Evaluation der Twitter-Kommunikation während zweier ausgewählter Folgen des ARD-„Tatorts“ und des RTL-„Dschungelcamps“ zeigte sich, dass die Erklärungsfaktoren einer erfolgreichen Twitter-Kommunikation bei beiden Unterhaltungssendungen vergleichbare Muster zeigen: Die Twitter-Kommunikation konzentriert sich auf das Ereignis und findet größtenteils während der laufenden Fernsehsendung statt. Sie kann durchaus mit dramaturgischen Inhalten der Sendung korrespondieren. So erreichte die Twitter-Aktivität beim „Dschungelcamp“ rund um die Siegerverkündung am Ende der Sendung ihren Höhepunkt. Vor und nach den Sendungen schwächt sich die Twitter-Kommunikation deutlich ab. Als aktivste Twitter-Kanäle erwiesen sich institutionalisierte Kanäle, zum Beispiel von den Content-Produzenten selbst („Tatort“), als auch Privatpersonen. Die Tweets mit  der größten Verbreitungskraft stammten von sogenannten verifizierten Nutzern, wobei es sich beispielsweise um Medienmarken, Politiker oder Prominente handeln kann, aber auch von Bloggern und einigen Privatpersonen. 

Insgesamt erwiesen sich verschiedene Statusindikatoren als relevant für die Aufmerksamkeit die einem Nutzer und seinen Tweets zuteil wird. Dazu gehören eine Verifizierung durch Twitter, die Anzahl der selbst versendeten Tweets oder die Anzahl der Follower. All diese Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines Retweets oder eines Verweises auf den Account des Senders (@-Mention).

Die Erfolgsfaktoren von Hashtags im Umfeld politischer Diskussionen sind ähnlich wie im Umfeld von unterhaltenden Sendungen. Etablierte Multiplikatoren spielen aber eine noch zentralere Rolle. Klassischen Medienangeboten kommt hierbei eine wichtige Rolle als Gatekeeper zu, indem sie einerseits als etablierte Kommunikatoren besondere Aufmerksamkeit erfahren und andererseits relevante Twitter-Kommunikationen aufnehmen und in ihr Angebot integrieren.


MP 11/2016, S. 557-569



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