Heft 6

Dorothee Arlt/Jens Wolling

Die Flüchtlingsdebatte in den Medien aus der Perspektive der Bevölkerung

Veränderungen von Nutzungsmustern, Erwartungen, Bewertungen und Einstellungen zwischen 2016 und 2017

Das Flüchtlingsthema hat in den zurückliegenden Jahren nicht nur Politiker und Journalisten beschäftigt, sondern es war auch ein herausragendes Thema für die Bevölkerung. Die hier vorgestellte Untersuchung hatte zum Ziel, unterschiedliche Informationsnutzungstypen im Kontext der Flüchtlingsdebatte in der Bevölkerung Deutschlands zu identifizieren und anhand ihrer persönlichen Merkmale, ihrer Einstellungen gegenüber Geflüchteten und der Flüchtlingspolitik sowie bezüglich ihrer Erwartungen an die Medien und Bewertungen der Berichterstattung zu beschreiben. Die quotierte Befragung ist bevölkerungsrepräsentativ für die deutschsprachigen Onliner über 18 Jahre. Die Datenerhebung fand in zwei Wellen im Februar 2016 und Februar 2017 statt. Von den 1 579 Teilnehmenden aus dem Jahr 2016 nahm etwas mehr als die Hälfte (53 %) auch an der zweiten Befragung teil.

Für das Jahr 2016 ergab die Clusteranalyse vier Nutzergruppen, die Themen-Vielnutzer (29 % der Bevölkerung), die Themen-Vermeider (19 %), die Journalismus-Orientierten (33 %) sowie die Social-Media-Orientierten (20 %). Im Jahr 2017 konnte das Cluster der Social-Media-Orientierten nicht wieder identifiziert werden. Die Veränderungen der Struktur, Größen und Charakteristika der Cluster verdeutlichen, dass parallel zur nachlassenden Berichterstattungsintensität auch die Suche der Bürger nach Informationen zum Thema geringer geworden ist.

Die Erwartungen der Befragten an die Berichterstattung haben sich im Jahresverlauf nur wenig verändert. Vor allem die Gruppe der Journalismus-Orientierten weicht deutlicher von den anderen Gruppen ab, die Mitglieder dieser Gruppe erwarten eher eine ausgewogene Berichterstattung, erkennen aber auch gleichzeitig weniger Probleme mit einer angeblich verzerrten Berichterstattung in den Medien zum Flüchtlingsthema.

Negative Emotionen, die mit der Berichterstattung verbunden sind, treten verstärkt bei denen auf, die sich (auch) stark auf soziale Medien als Informationsquelle verlassen, oder die sich der themenbezogenen Berichterstattung gar nicht oder nur ganz am Rande widmen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass diejenigen, die vor allem journalistische Medienangebote nutzen, sich weniger um ihre Familien sorgen, weniger Angst vor Flüchtlingen haben und auch weniger Themenverdrossenheit zeigen.

MP 6/2017, S. 325-337



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