Heft 12

Jan-Hinrik Schmidt

Twitter-Nutzung von Kandidierenden der Bundestagswahl 2017

Verbreitung, Aktivität und Informationsquellen

Bisherige Studien zum Einsatz von sozialen Medien in Wahlkämpfen in Deutschland konzentrierten sich zumeist darauf, welche Reichweite Kandidierende auf entsprechenden Plattformen haben und welchen Kommunikationsstil sie dort pflegen. Der Fokus der hier vorgestellten Studie lag dagegen auf der Frage, inwieweit Kandidierende die sozialen Medien für ihre eigenen Informationszwecke nutzen und sich personalisierte Sets an Quellen zusammenstellen.

Die Ergebnisse beruhen auf einer Auswertung der Social-Media-Profile aller 4 828 Kandidierenden zur Bundestagswahl 2017. Die Befunde zeigen, dass sich soziale Medien als Instrument der Wahlkampfkommunikation endgültig etabliert haben. Die Mehrheit der Kandidierenden (rund 55 %) ist auf Facebook und/oder auf Twitter präsent. Betrachtet man speziell die Personen, die in den 19. Bundestag gewählt wurden, ist vor allem Facebook bei über 95 Prozent der MdB verbreitet; Twitter liegt mit knapp 65 Prozent ebenfalls deutlich über der Verbreitung in der Gesamtbevölkerung.

Gemessen an der Anzahl der Tweets waren vor allem Kandidierende von Bündnis 90/Grüne sehr aktiv. Der Zuwachs an Followern war hingegen bei der AfD auffällig hoch. Auch nach der Wahl konnten ihre Kandierenden und insbesondere die der FDP ihre Reichweite steigern.

Die Analyse der Verbreitung von Accounts öffentlicher Sprecher zeigt, dass 5 Prozent der Friends von Kandidierenden zu deutschen Medienangeboten gehören. Darin sind vor allem die TwitterAccounts etablierter publizistischer Marken enthalten, die sich Tageszeitungen, Wochenzeitungen/ Zeitschriften und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuordnen lassen. 

Wichtiger als Medienaccounts sind für die Kandidierenden allerdings Accounts von Parteiorganisationen und Politikern. Solche parteibezogenen Quellen machten etwa 15 bis 20 Prozent, bei der CSU sogar an die 25 Prozent aller Twitter-Friends aus. Bei Kandidierenden und MdB aller Parteien gibt es hier eine sehr stark ausgeprägte In-GroupOrientierung, das heißt, es wird vorrangig Accounts von Personen und Gliederungen der eigenen Partei gefolgt.

MP 12/2017, S. 616-629



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