Heft 10

Christoph Neuberger

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Qualitätsdiskurs

Substanzielle und prozedurale Bestimmung des gesellschaftlichen Mehrwerts

Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zeigt, wie stark der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Etablierung eines offenen Diskursklimas beigetragen hat, aber auch, wie darin stets seine eigene Rolle thematisiert und verhandelt wurde. Dieser Qualitätsdiskurs ist weniger ein Ausdruck öffentlicher Kritik als vielmehr ein wichtiges Steuerungsinstrument für publizistische Medien in einer liberal-demokratischen Gesellschaft. Der Rundfunkauftrag definiert – allerdings nur sehr vage – einen normativen Qualitätsanspruch an Angebote aus Sicht der Gesellschaft und bedarf der Konkretisierung.

In fünf Schritten wird gezeigt, wie der gesellschaftliche Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seitens der Rundfunkanstalten näher bestimmt und begründet werden kann. Den Ausgangspunkt bildet der Auftrag des Rundfunkstaatsvertrags, dessen Elemente in einem ersten Schritt als Wirkungszusammenhang systematisiert werden. In diesem rechtlich sehr weit gefassten Rahmen können die Anstalten den Auftrag autonom konkretisieren. Ihre zentrale Legitimationsinstanz ist der öffentlich geführte Qualitätsdiskurs, in dem sie mit ihrer Auftragsbestimmung und den Nachweisen für dessen Erfüllung überzeugen können müssen. Im zweiten Schritt werden normative Theorien zur Fundierung und Begründung diskutiert. Es zeigt sich, dass dabei stets eine substanzielle und eine prozedurale Komponente des gesellschaftlichen Anspruchs zu berücksichtigen ist, also eine inhaltliche Festlegung und eine verfahrensmäßige Konkretisierung. Im dritten Schritt wird eine Systematisierung des Auftrags vorgeschlagen, welche von den rechtlichen Vorgaben ausgeht, darüber hinaus aber auch Werte einbezieht sowie eine Angebots- und eine Beziehungsdimension unterscheidet. Der digitale Wandel ist ein Beispiel für die notwendige Neujustierung des gesellschaftlichen Anspruchs, die im vierten Schritt anhand der ausgewählten Werte als substanzielle Komponente illustriert wird. Als prozedurale Komponente ergänzt der Qualitätsdiskurs (im fünften und letzten Schritt) diese Festlegungen. Darin werden Ansprüche an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit gesellschaftlichen Akteuren ausgehandelt.

 

MP 10/2019, S. 434-443



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