Heft 7-8

Erk Simon/Iva Krtalic/Gerhard Kloppenburg

Junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: Mediennutzung und Programmerwartungen

Ergebnisse einer Studie aus Nordrhein-Westfalen

Jeder vierte Einwohner in Deutschland hat eine Zuwanderungsbiografie. In der Altersgruppe 20 bis 45 Jahre trifft dies auf jeden Dritten zu. Empirische Studien zeigen, dass die Mehrheit der Menschen mit einer Zuwanderungsbiografie eine hohe emotionale Bindung und Identifikation mit Deutschland hat und in vielen Bereichen ähnliche Interessen und Einstellungen aufweist wie Menschen ohne den sogenannten Migrationshintergrund.

In einem zweistufigen Forschungsprojekt untersuchte der WDR, welche Erwartungen und Bedürfnisse in Bezug auf  Medienangebote die junge Generation der Menschen mit Migrationshintergrund prägen. Attraktive digitale Angebote erweisen sich dabei als zentral, um junge Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte zu erreichen. In Analogie zu den Ergebnissen, die für die junge Altersgruppe aus bevölkerungsrepräsentativen Studien bekannt sind, dominieren WhatsApp, Youtube, Instagram sowie Streamingdienste wie Netflix die Mediennutzung. Vorrangig werden dabei deutschsprachige Medienangebote gewählt, die Onlinemedien bzw. Plattformen der
Herkunftsländer werden aber häufig parallel oder ergänzend genutzt.

Wenn es um Nachrichten und aktuelle Informationen geht, sind die öffentlich-rechtlichen Sender die Medien, denen junge Menschen mit Migrationshintergrund am stärksten vertrauen. Rund zwei Drittel vertrauen den Informationen beim WDR, der ARD oder dem ZDF. Die entsprechenden Werte für die Social-Media-Plattformen liegen dagegen deutlich unter 50 Prozent.

Die Bewertung der Berichterstattung über Einwanderung und Menschen mit Migrationshintergrund in den deutschen Medien ist differenziert. Kritisch gesehen wird eine zu starke Emotionalisierung und negative Berichterstattung – beispielsweise über Kriminalität. Die zentrale Erwartung an die Medien ist, die Diversität der Gesellschaft abzubilden und dabei auf starke Protagonisten zu setzen, die auch für junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte Identifikationspotenziale bieten. Dabei wird eine konstruktive Bearbeitung der Themen erwartet, die die problematischen Seiten der Migration und Einwanderung nicht vernachlässigt. Den öffentlichrechtlichen Angeboten kommt dabei eine besondere Rolle zu: Von ARD und ZDF wird erwartet, dass sie einen starken Beitrag zur Diskussion und Integration kontroverser Meinungen leisten und zu einem kultivierten Meinungsaustauch über die Themen Migration und Integration beitragen.

MP 8/2020, S. 447-458



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