Gesellschaftliche Teilhabe und Meinungsbildung auf Twitch
Von einer reinen Gaming-Plattform zum Ort für politischen Austausch?
Kurz und knapp
- 42 Prozent der 14- bis 40-Jährigen in Deutschland nutzen Twitch mindestens selten. Die Twitch-User sind überwiegend männlich und zum größten Teil zwischen 21 und 30 Jahren alt.
- Gaming ist meist der erste Berührungspunkt mit Twitch. Auf der Plattform stehen Content-Creator und ihre Livestreams im Fokus, die ein Community-Gefühl und eine enge Bindung entstehen lassen.
- Der Anteil politischer Inhalte auf Twitch wird von 30 Prozent der für die Studie befragten gesellschaftspolitisch interessierten Nutzerinnen und Nutzern als „sehr groß“, von weiteren 41 Prozent als „eher groß“ wahrgenommen.
- Vor allem Fake News, Mobbing und Hatespeech werden von den Befragten als potenzielle Gefahren auf der Plattform eingeschätzt.
Twitch ist vor allem als Plattform für Gaming bekannt geworden. Die vorliegende Studie untersucht, welche Rolle die Plattform als Ort für politische Meinungsbildung und gesellschaftliche Teilhabe spielt. Im Rahmen der Studie wurden hierfür 14- bis 40-jährige Twitch-Nutzerinnen und -Nutzer befragt, die an gesellschaftlichen und politischen Themen interessiert sind und regelmäßig Kanäle der Twitch-Rubrik „Just Chatting“ nutzen.
Schwerpunkt auf Gaming-Themen und Live-Situation – weitere Themen gewinnen an Bedeutung
Der Schwerpunkt von Twitch, das seit 2014 zum US-amerikanischen Onlinekonzern Amazon gehört, liegt traditionell auf Streams rund um das Thema Gaming. Dies bleibt für die meisten Nutzerinnen und Nutzer der erste Berührungspunkt mit der Plattform. Mittlerweile finden auf Twitch allerdings auch andere Themen Raum, und so entwickelt sich die Plattform zu einem Ort der Meinungsbildung. Während Gaming weiterhin das dominierende Genre bleibt (47 % nutzen Twitch hierfür), konnten auch das Themenfeld Musik (39 %) und reine Chatstreams (28 %) seit der Vorgängerstudie 2021/22 hinzugewinnen. Ein Alleinstellungsmerkmal von Twitch ist, dass hier die Content-Creator mit ihren Livestreams stark im Fokus stehen. Die Nutzerinnen und Nutzer schätzen gerade dieses auf der Plattform entstehende Community-Gefühl, den gemeinsamen digitalen „Lagerfeuer“-Moment, den die Live-Situation und die enge Bindung an die Creator kreieren.
Nutzerschaft überwiegend männlich und zwischen 21 und 30 Jahren alt
Über 40 Prozent der 14- bis 40-Jährigen hierzulande nutzten Twitch 2024 mindestens selten, dies entspricht einem Zuwachs um 7 Prozentpunkte gegenüber 2021/22. Die Nutzerschaft von Twitch ist zu zwei Dritteln männlich und größtenteils zwischen 21 und 30 Jahre alt. Der Anteil an Nutzerinnen und Nutzer mit Migrationshintergrund stieg von 19 Prozent im Jahr 2022 auf 28 Prozent im Jahr 2024 an.
Politische Inhalte auf Twitch
30 Prozent der oben genannten Kernzielgruppe der Untersuchung schätzen den wahrgenommen politischen Inhalt auf Twitch als sehr groß ein, 41 Prozent als eher groß. Im Vergleich mit den anderen populären Plattformen scheint Twitch allerdings noch am wenigsten politische Inhalte zu bieten. Gleichzeitig werden diese als stärker „versteckt“ und weniger als auf anderen populären Plattformen und Social-Media-Angeboten wie TikTok, Instagram und YouTube direkt als solche erkennbar wahrgenommen.
Chat im Livestream als Ort für Diskussion
Politische und gesellschaftliche Diskussionen finden auf Twitch primär über die Chatfunktion in den Streams, über direkte Chats mit anderen Zuschauerinnen und Zuschauern oder über Umfragen statt. Ein Großteil der Befragten schätzt an Twitch gerade, dass man auf der Plattform verschiedene Meinungen kennenlernen kann, aber nicht zwingend seine eigene Meinung teilen und publik machen muss.
Potenzielle Gefahren und Beeinflussbarkeit
Gefahren sieht die befragte Nutzerschaft vor allem in den Bereichen Fake News, Mobbing oder Hatespeech. Die enge Bindung zu den Content-Creatorn, die die Plattform auszeichnet, birgt auch das Potenzial zur Beeinflussung und Instrumentalisierung: Jede bzw. jeder Vierte der befragten Gruppe hält sich selbst für „sehr beeinflussbar“ durch die Meinungen seiner Lieblingsstreamer auf Twitch. Wenn es um die Frage der Einordnung von Informationen geht, sehen die Befragten vor allem die Content-Creator und ihre Moderatorinnen und Moderatoren in der Pflicht.
MP-Spotlight
Twitch-Studie 2024: Welche Rolle die Gaming-Plattform für Meinungsbildung und Partizipation spielt
Volltext MP 15/2025
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